Rz. 499

Der (wirksame) Pflichtteilsverzicht ist das Mittel der Wahl, um bei geschäftsfähigen behinderten Bedürftigen im Sinne des SGB XII frühzeitig Gestaltungen zu schaffen, die dem Bedürftigen einen Nutzen zu Lebzeiten des Erblassers schaffen und Sozialhilferegress ganz oder teilweise ausschalten.[837]

Beispiel: Die Finanzierung aufwändiger therapeutischer Maßnahmen für einen Behinderten, die die Krankenkasse nicht trägt, die vom gesetzlichen Anspruch auf den angemessenen Unterhalt nicht abgedeckt werden und auch von der Eingliederungshilfe nicht ohne Einsatz von Einkommen und/oder Vermögen finanziert werden.

 

Rz. 500

 

Fallbeispiel 37: Der mit "warmen" Händen geschaffene Nutzen

Die Tochter T bezieht Grundsicherung nach §§ 41 ff. SGB XII und ergänzende Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff. SGB XII. Sie ist geschäfts- und testierfähig. Sie benötigt ein behindertengerecht umgebautes Fahrzeug. (Aufwand 100.000 EUR.) Kfz-Hilfe im Sinne der Eingliederungshilfe (§§ 90 ff. SGB IX) steht nicht zu. Die Eltern würden die Finanzierung übernehmen, wollen aber im Gegenzug testamentarische Gestaltungsfreiheit und einen Verzicht auf evtl. Pflichtteilsansprüche.

Hier würde sich ein Pflichtteilsverzicht gegen die Überlassung des behindertengerecht umgebauten Pkw anbieten.

 

Rz. 501

Falllösung Fallbeispiel 37:

Fürchtet man, dass die Übereignung des Pkw als "Geldeswert" im Sinne von § 82 SGB XII oder auch wegen Härte nicht geschonten Vermögens (§ 90 Abs. 3 SGB XII) zur Leistungsversagung durch den Sozialhilfeträger führt, so kann man davon absehen und nur die Nutzung zur Verfügung stellen und durch letztwillige Verfügung über den Tod hinaus absichern. Maximal wäre mit der Zuwendung der Nutzung der Mobilitätsanteil im Regelbedarf gedeckt, was nach den Ausführungen des Gesetzgebers anlässlich der SGB II-Reform aber keine Folgen zeitigen dürfte:

Zitat

"Die Prüfung (von bedarfsdeckenden Bestandteilen des Regelbedarfs) war außerdem aus systematischen Gründen widersprüchlich, weil der Regelbedarf als pauschalierte Geldleistung grundsätzlich nicht in seine Bestandteile aufgeschlüsselt werden kann." … Zudem ist die Berücksichtigung von Sachwerten als Einkommen unbillig, wenn der gleiche Gegenstand, wäre er bereits bei Antragstellung vorhanden gewesen, nicht als Vermögen zu berücksichtigen gewesen wäre.[838]

[837] Krauß, Der Zugriff zivil- und sozialrechtlicher Gläubiger auf erbrechtliche Präventivmaßnahmen, ErbR 2011, 165.
[838] BT-Drucks 18/8041 zu Nr. 8 zu Buchstabe a, zu Doppelbuchstabe aa, zu § 11 Abs. 1 S. 1, S. 32.

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