Rz. 38

Die Ausschlagung der Erbschaft erfolgt durch Erklärung in öffentlich beglaubigter Form gegenüber dem Nachlassgericht; sie kann auch zur Niederschrift des Nachlassgerichts erfolgen(§ 1945 Abs. 1 BGB). Die Frist für die Ausschlagung beträgt 6 Wochen (§ 1944 Abs. 1 BGB). Sie beträgt 6 Monate, wenn der Erblasser seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte oder wenn sich der Erbe bei Fristbeginn (siehe Rdn 42 ff.) im Ausland aufhält (§ 1944 Abs. 3 BGB).

 

Rz. 39

Der beschränkt geschäftsfähige Minderjährige kann die Erbschaft nicht ausschlagen, weil er diese dann verliert – ein rechtlicher Nachteil (§ 107 BGB). Worauf kommt es nun an, wenn sich Vater oder Mutter oder Kind bei Fristbeginn (zu unterscheiden vom Zeitpunkt des Erbfalls; siehe Rdn 42 ff.) im Ausland aufhalten (zu unterscheiden vom Wohnsitz im Ausland)? Maßgeblich ist der Aufenthalt des gesetzlichen Vertreters, nicht der des Kindes.[6] Dabei ist die längere Frist maßgeblich (vgl. Rdn 40 ff.). Dabei wird hier die deutsche Staatsangehörigkeit des Erblassers als Erbstatut angenommen, weil sich die Ausschlagung einschließlich Frist, Empfangsbedürftigkeit und Anfechtbarkeit dann nach deutschem Recht bestimmt.[7]

 

Rz. 40

Heute werden bei Getrenntleben der Eltern und nach der Scheidung der Ehe der Eltern die Kinder grundsätzlich weiterhin von beiden Elternteilen gemeinschaftlich vertreten (§ 1629 BGB). Gleiches gilt grundsätzlich auch bei niemals miteinander verheirateten Eltern. Wie also verhält es sich, wenn nur ein Elternteil bei Fristbeginn im Ausland weilt?

 

Beispiel

Die Mutter ist mit dem Kind nach Italien verzogen, der Vater lebt weiter in Deutschland. Der Onkel des Kindes, der die deutsche Staatsangehörigkeit hatte und zuletzt in Deutschland lebte, hat das Kind zu seinem Erben bestimmt.

 

Rz. 41

Gerade in solchem Fall braucht es mehr Zeit zur Bildung eines übereinstimmenden Willens beider Elternteile; daher ist die längere Ausschlagungsfrist von 6 Monaten angemessen. Der Rechtsgedanke der § 1629 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB, § 171 Abs. 3 ZPO, es komme nur auf einen Elternteil an, und zwar denjenigen, bei dem sich das Kind aufhält, greift hier nicht Platz.

 

Rz. 42

Die Ausschlagungsfrist beginnt, wenn der Erbe vom Anfall der Erbschaft und dem Grund der Berufung zum Erben Kenntnis erlangt (§ 1944 Abs. 2 S. 1 BGB); bei der Berufung durch Verfügung von Todes wegen beginnt die Frist nicht vor Bekanntgabe der Verfügung von Todes wegen durch das Nachlassgericht (§ 1944 Abs. 2 S. 2 BGB).

 

Rz. 43

Bei einem Minderjährigen als Erben kommt es nicht auf die Kenntnis des Minderjährigen vom Anfall und vom Grund der Berufung zum Erben an, sondern auf die Kenntnis des gesetzlichen Vertreters (§ 166 BGB);[8] bei Eltern als gesetzlichen Vertretern kommt es auf die Kenntnis beider Eltern an (vgl. Rdn 41), und somit ist für den Fristbeginn der Zeitpunkt maßgeblich, zu dem der letzte der beiden Elternteile Kenntnis erlangt.[9] Dies könnte insbesondere bei Getrenntleben der Eltern zur Aufspaltung der Frist führen, weil z.B. der Vater zu einem anderen Zeitpunkt Kenntnis erlangt als die Mutter; diese unterschiedlichen Fristen könnten auch die anderen Nachlassbeteiligten belasten. Daher zieht die Gegenansicht[10] teilweise § 166 BGB analog, teilweise auch § 1629 Abs. 1 S. 2 Halbs. 2 BGB heran, so dass schon die Kenntnis eines der beiden Elternteile als gesetzlichem Vertreter die Ausschlagungsfrist in Lauf setzte. Nach hiesiger Ansicht passt eine Parallele zu § 166 BGB hier heute nicht (mehr); früher, als regelmäßig bei Getrenntleben der Eltern oder nach Scheidung der Ehe der Eltern einem Elternteil die Sorge für das Kind übertragen wurde, mag die analoge Anwendung des § 166 BGB noch für die Mehrzahl der Fälle passend gewesen sein; heute, in Anbetracht der grundsätzlichen Fortdauer der gemeinschaftlichen Vertretung des Kindes durch beide Elternteile, selbst nach der Ehescheidung, passt die analoge Anwendung des § 166 BGB oder des § 1629 BGB nicht mehr: Das Kind wäre dann belastet, was dem Prinzip des Minderjährigenschutzes widerspräche (siehe Rdn 41). Maßgeblich ist also die längere Frist.

 

Rz. 44

Ist den Eltern die Sorge für das ihrem Kind zugewandte Vermögen entzogen (§ 1638 BGB), so liegt die Entscheidung über Annahme oder Ausschlagung der Erbschaft (siehe Rdn 148) des Kindes bei einem Ergänzungspfleger (§ 1909 Abs. 1 S. 2 BGB). Deshalb kommt es für den Zeitpunkt des Beginns der Ausschlagungsfrist (§ 1944 Abs. 2 BGB) nicht auf die Kenntnis der Eltern vom Anfall der Erbschaft, sondern auf die Kenntnis des Pflegers (Vermögenspflegers) an. Der Beginn der Ausschlagungsfrist kann hinausgeschoben worden sein, weil der Pfleger sich im Ausland aufhält (vgl. § 1944 Abs. 3 BGB); auch muss der Pfleger erst vom Familiengericht bestellt werden und die erforderliche Kenntnis erlangen.

 

Rz. 45

Beauftragt noch der Erblasser für das Vermögen oder Bruchteile davon, das er z.B. dem minderjährigen Enkel zuwenden will, einen Bevollmächtigten, z.B. durch eine Vollmacht auf den Todesfall oder eine transmortale Vollm...

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