Rz. 12

Die Tatbestände von § 5 Abs. 3 S. 2 BetrVG können alternativ vorliegen.[10] Selbst wenn ein Mitarbeiter also nicht über eine eigene Personaleinstellungs- und Entlassungsbefugnis oder eine handelsrechtliche Bevollmächtigung verfügt, kann er leitender Angestellter i.S.d. § 5 Abs. 3 S. 2 BetrVG sein. Insoweit unterscheidet sich die Definition des leitenden Angestellten i.S.d. § 5 Abs. 3 S. 2 BetrVG von § 17 Abs. 5 KSchG, wonach als Arbeitnehmer i.S.d. KSchG nicht Geschäftsführer, Betriebsleiter und ähnliche leitende Personen gelten, soweit sie zur selbstständigen Einstellung oder Entlassung von Arbeitnehmern berechtigt sind.

 

Rz. 13

Voraussetzung für § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BetrVG ist, dass die Mitarbeiter nach der Art ihrer Tätigkeit und der Bedeutung ihrer Funktion der Unternehmensleitung nahestehen.[11] Sie müssen Aufgaben wahrnehmen, die für Bestand und Entwicklung eines Unternehmens oder Betriebs von Bedeutung sind. Es kommen wirtschaftliche, personelle, organisatorische, kaufmännische oder technische Aufgaben in Betracht.[12] Die vom Gesetz verlangten besonderen Erfahrungen und Kenntnisse verlangen keine Formalqualifikationen; der Mitarbeiter kann die Kenntnisse auch durch längere praktische Tätigkeit oder durch Selbststudium erworben haben.[13] Wesentliches Merkmal des leitenden Angestellten ist, dass er im Rahmen der unternehmerischen Leitungsaufgaben die Entscheidungen im Wesentlichen weisungsfrei trifft oder sie maßgeblich beeinflusst. Es kommt darauf an, ob sich die Tätigkeit des Angestellten darin erschöpft, vorgegebene Ziele zu erarbeiten, oder ob sie Raum für eine eigene unternehmerische Initiative lässt.[14]

 

Rz. 14

Auch der Stabsangestellte kann leitender Angestellter sein, wenn er nur die unternehmerische Entscheidung "maßgeblich beeinflusst".[15] Diese Voraussetzung ist erfüllt, wenn die eigentlichen Entscheidungsträger an seinen durch Tatsachen und Argumente vorbereiteten Vorschlägen nicht vorbei können.[16]

 

Rz. 15

 

Praxistipp

Es bietet sich daher an zu prüfen, ob Führungskräfte der ersten und zweiten Ebene unterhalb des Vorstands als "leitende Angestellte" i.S.d. § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BetrVG eingestuft werden können. Vielfach werden Abteilungs- oder Bereichsleiter die Voraussetzungen von § 5 Abs. 3 S. 2 Nr. 3 BetrVG erfüllen, selbst wenn keine eigene Personaleinstellungs- und Entlassungsbefugnis vorliegt. Auf diese Weise wird die Anwendung des ArbZG vermieden. Dies schafft in der betrieblichen Praxis sehr viel größere Flexibilität.

[10] Richardi/Richardi, § 5 BetrVG Rn 195.
[11] BAG 29.1.1980 – 1 ABR 49/78, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 22.
[12] ErfK/Koch, § 5 BetrVG Rn 21.
[13] BAG 9.12.1975 – 1 ABR 80/73, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 11.
[14] BAG 23.1.1986 – 6 ABR 51/81, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 30.
[15] ErfK/Koch, § 5 BetrVG Rn 22.
[16] BAG 25.3.2009 – 7 ABR 2/08, AP BetrVG 1972 § 5 Nr. 73.

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