Rz. 143

Was unter der Wohnung des Versicherungsnehmers zu verstehen ist, wurde in früheren Fassungen der VHB nur unvollkommen durch den Verweis auf den Versicherungsvertrag und dadurch festgelegt, dass bestimmte Örtlichkeiten "auch" zur Wohnung gehören und damit dem Versicherungsschutz unterfallen sollen. Eine eigentliche Beschreibung war dies nicht. Der Begriff wurde vielmehr stillschweigend vorausgesetzt und hat deshalb die ihm nach dem Verständnis eines durchschnittlichen Versicherungsnehmers zukommende Bedeutung. Ein solcher unterscheidet zwischen einem bloßen Aufenthaltsort und begreift die "Wohnung" als seinen Lebensmittelpunkt, also den Ort, an den er nach getaner Arbeit regelmäßig zurückkehrt, wo er mit seiner Familie lebt und von wo aus er Freizeitaktivitäten entfaltet, mit anderen Worten "zu Hause" ist. Dies sind zwar im Regelfall bestimmte, in sich abgeschlossene Räume eines Gebäudes. Aber auch wer auf einem Hausboot oder in einem Wohnwagen bzw. Wohncontainer lebt, hat nach diesem Verständnis dort seine Wohnung.[167]

 

Rz. 144

Zu einer Wohnung rechnen nur solche Räumlichkeiten, die in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht dem ausschließlichen Nutzungsrecht des Versicherungsnehmers und der mit ihm zusammenlebenden Personen unterliegen. In den VHB 2010 ist der Begriff – näher beschreibend – dahin gehend erläutert, dass die Wohnung eine selbstständige Lebensführung ermöglicht. "Selbstständig" darf dabei nicht im Sinne von "ausschließlich" verstanden werden. Sonst wäre systemwidrig der Hausrat von Ehepartnern und sonstigen, zum Hausstand gehörigen Personen nicht mitversichert.

Maßgebend sind die baulichen Gegebenheiten, die tatsächliche Benutzung und das Recht zur Benutzung, wobei je nach Lage des Falls das eine oder andere Kriterium im Vordergrund stehen kann. Wird ein Gebäude von einer aus mehreren Generationen bestehenden Familie genutzt, so handelt es sich nur um eine Wohnung, und zwar auch dann, wenn einzelne Räume vorwiegend oder ausschließlich dem Gebrauch einzelner Personen dienen. Mit diesen Grundsätzen ist es unvereinbar, im gleichen Haus befindliche, aber erst nach Abschluss des Versicherungsvertrages angemietete zusätzliche Räume in einem anderen Stockwerk nicht mehr als Wohnung anzusehen.[168]

 

Rz. 145

Nach den VHB gehören auch Loggien, Balkone und an das Gebäude unmittelbar anschließende Terrassen zur Wohnung (A § 6 Ziff. 3 VHB 2010). Auch die Frage, inwieweit Nebengebäude zur Wohnung rechnen, stellt sich nicht, da Nebengebäude und Garagen auf dem Grundstück, auf dem sich die Wohnung befindet, als Teil des Versicherungsortes definiert sind, soweit sie von dem Versicherungsnehmer ausschließlich privat genutzt werden. Von einem "eingefriedeten" Versicherungsgrundstück im Sinne der Bedingungen ist auszugehen, wenn ein durch Schutzwehren (Mauern, Zäune, Hecken, Gräben) gegenüber Dritten abgegrenzter Bereich gegeben ist.[169]

Sonderregelung: Für Antennenanlagen sowie Markisen gilt als Versicherungsort das gesamte Grundstück, auf dem sich die versicherte Wohnung befindet (A § 6 Nr. 2 VHB 2010).

 

Rz. 146

Der Zeitdauer des Wohnens kommt keine entscheidende Bedeutung zu. Auch wer nach Aufgabe seiner bisherigen Wohnung nur vorübergehend zu seinem Lebensgefährten zieht, bis die in Aussicht genommene gemeinsame Wohnung fertig gestellt ist, hat während dieser Zeit in der Wohnung des Lebensgefährten auch die eigene Wohnung. Zu unterscheiden sind davon der schon umgangssprachlich abweichend gekennzeichnete "Aufenthalt" in einem Hotelzimmer oder einer Ferienwohnung, aber auch die krankheitsbedingte Aufnahme in dem Haushalt eines Familienangehörigen. Maßgeblich ist, dass die Verlagerung des Lebensmittelpunkts bewusst und gewollt erfolgt und nach außen deutlich wird.[170]

 

Rz. 147

Der Begriff des Wohnens ist mit dem privaten Lebensbereich verbunden. Deshalb schließt A § 6 Ziff. 3 a VHB 2010 Räume, die ausschließlich beruflich oder gewerblich genutzt werden, vom Versicherungsschutz aus, und zwar auch dann, wenn sie sich innerhalb der Wohnung befinden oder mit den Wohnräumen eine bauliche Einheit bilden. Gemeint sind eine mit der Wohnung räumlich verbundene Praxis oder ein Werkstatt- bzw. Verkaufsraum. Dass dort auch einige private Gegenstände aufbewahrt werden, macht derartige Räume noch nicht zum Teil der Wohnung. Dagegen unterfallen das häusliche Arbeitszimmer oder eine Bibliothek regelmäßig dem Versicherungsschutz, weil wegen der fast immer bestehenden privaten Mitbenutzung keine ausschließlich berufliche oder gewerbliche Nutzung vorliegt.[171]

 

Rz. 148

Nicht zur Wohnung zählen nach allgemeinem Verständnis Räume, die gemeinsam mit Dritten genutzt werden (Gemeinschaftsräume) wie Haustür und Treppenhaus in einem Mehrfamilienanwesen.[172]

 

Rz. 149

 

Rechtsprechung

Zugehörigkeit zur Wohnung bejaht: für Kellerwerkstatt in einem abgeschlossenen Raum; für Lattenverschlagskeller; auch für nur von Vermieter und einem einzelnen Mieter genutzten und zugänglichen Kellerraum; für Flure zwischen der Gebäudeeingangstür und den einzel...

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