I. Rechtsnatur des Hausrat-Versicherungsvertrages

 

Rz. 1

Knapp 80 Prozent aller privaten Haushalte in der Bundesrepublik verfügen über eine Hausratversicherung.[1] Die Hausratversicherung ist eine typische Massensparte und gehört zu den am häufigsten und von allen Kreisen der Bevölkerung abgeschlossenen Versicherungen ("Jedermann-Versicherung").[2] Sie bietet in einem rechtlich einheitlichen Vertrag kombinierten Versicherungsschutz gegen unterschiedliche Gefahren (deshalb früher "verbundene", d.h. kombinierte Hausratversicherung). Versichert wird der Hausrat privater Haushalte in deren Wohnungen. Sachen, die gewerblichen Zwecken dienen, unterfallen – von bestimmten Arbeitsmitteln abgesehen – nicht dem Versicherungsschutz. Auch Schäden an Gebäuden oder Gebäudeteilen werden grundsätzlich nicht erfasst.

Im gewerblichen Bereich erfolgt die Absicherung gegen die Risiken Feuer, Einbruchdiebstahl, Leitungswasser bzw. Sturm typischerweise in getrennten Versicherungsverträgen. Selbst wenn der gewünschte Versicherungsschutz in einer einzelnen Police zusammengefasst ist, liegen den Vertragsteilen regelmäßig unterschiedliche Versicherungsbedingungen (die AFB, AERB, AWB oder AstB) zugrunde. Diesen gegenüber weist die Hausratversicherung spezifische, auf den Versicherungsbedarf privater Haushalte abgestellte Erweiterungen des Deckungsumfangs auf. Auch die Prämie wird anders als in den genannten Sparten ermittelt. Hausrat durfte deshalb bis zur Deregulierung des Versicherungsmarktes auf Anordnung des Bundesaufsichtsamts für das Versicherungswesen (BAV) nur nach den Allgemeinen Hausratsversicherungsbedingungen (VHB) versichert werden; umgekehrt war es aufsichtsrechtlich untersagt, die VHB der Versicherung anderer Gegenstände gegen die genannten Gefahren zugrunde zu legen.[3]

[1] Vgl. Dietz, S. 2; GDV-Jahrbuch 2007/2008.
[2] BGH VersR 1984, 626; Martin, G IV Rn 67.
[3] Martin, A III Rn 27, 28; zivilrechtlich wären derartige Versicherungsverträge im Verhältnis zwischen Versicherer und Versicherungsnehmer allerdings in vollem Umfange rechtswirksam. Wegen der Gefahr der Prämien-Ungleichbehandlung hat sich daran auch nach Wegfall der Genehmigung von Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) durch die Deregulations-Richtlinie nichts geändert: Dem Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen steht offen, über die sog. Missbrauchsaufsicht (§ 89 VAG 9) einzuschreiten.

II. VVG 2008 und Bedingungsfassung der VHB

 

Rz. 2

Hausratversicherungen gehören zu den gebäudegebundenen Sachversicherungen. Wie jeder derartige Vertrag beinhaltet die Hausratversicherung trotz der Deckungserweiterungen, die gegenüber gebräuchlichen Einzelrisikoverträgen im gewerblichen Bereich bestehen, keine Allgefahrendeckung. Deshalb enthalten alle Verträge sowohl Risikobegrenzungen als auch Obliegenheiten, die der Versicherungsnehmer zu beachten hat, wenn er seinen Versicherungsschutz nicht gefährden will.

1. VVG 2008

 

Rz. 3

Das VVG 2008 hat mit seinem Inkrafttreten das bisherige Versicherungsvertragsrecht abgelöst. Die Vorschriften zum Vertragsabschluss sind geändert. Das Gesetz statuiert umfangreiche Beratungs- und Informationspflichten der Versicherer. Und es gestaltet die Rechtsfolgen bei Verletzung von Obliegenheiten sowie die Regelungen zu Gefahrerhöhungen und zur vorsätzlichen bzw. grobfahrlässigen Herbeiführung des Versicherungsfalls grundlegend um.

2. Bedingungsfassungen der VHB

 

Rz. 4

Versicherungsbedingungen wie die für die Hausratversicherung maßgeblichen Allgemeinen Hausratversicherungsbedingungen (VHB) mussten und müssen dem jeweils geltenden Recht (und weitgehend auch) dem Stand der Rechtsprechung entsprechen. Die VHB haben deshalb immer wieder erhebliche Veränderungen erfahren.

Die heutigen Fassungen gehen auf die noch aufsichtsamtlich genehmigten VHB von 1942, 1966, 1974, 1984 und 1992[4] zurück. Seit dem Wegfall der Vorabgenehmigungspflicht von Allgemeinen Versicherungsbedingungen (AVB) durch das Bundesaufsichtsamt für das Versicherungswesen aufgrund der Dritten Richtlinie Leben im Jahre 1994 (Deregulierung) steht den Versicherungsgesellschaften die Formulierung ihrer AVB weitgehend frei. Die letzte, eine wesentliche Umgestaltung enthaltende Fassung der VHB unter dem bisherigen Versicherungsvertragsrecht sind die VHB 92 und 2000, die der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) als Verbandsempfehlung formuliert hat. Sie sind für die Versicherungsunternehmen nicht verbindlich. Jeder Versicherer ist seit der Deregulierung berechtigt, den Deckungsumfang und die ­Voraussetzungen des Versicherungsschutzes bestimmter Risiken eigenständig zu formulieren. Aus Gründen des Wettbewerbs haben die Versicherer dieses Recht in erheblichem Umfange ­genutzt Grundsätzliche Unterschiede im Deckungsumfang gab und gibt es im Rahmen der Grunddeckung aber nicht.

Am gebräuchlichsten sind heute Verträge, die eine Grunddeckung mit der Möglichkeit der Erweiterung des Versicherungsschutzes durch Sonderklauseln bieten. Zum Teil wird der erweiterte Versicherungsschutz aber auch unter eigenen Produktbezeichnungen wie etwa "Komfortschutz" oder "All Risk für Hausrat" angeboten.

Daran hat auch das VVG 2008 ...

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