Rz. 160

Neu geregelt ist auch der früher in § 640 RVO geregelte Regressanspruch gegen denjenigen, der einen Versicherungsfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt hat. Dieser haftete nach § 640 Abs. 1 RVO für alles, was die Träger der Sozialversicherung nach Gesetz oder Satzung infolge des Arbeitsunfalls aufwenden mussten. Ohne Bedeutung war also, ob den Geschädigten ein Mitverschulden traf. Der Schädiger hatte für alle Aufwendungen der Sozialversicherungsträger an den Geschädigten aufzukommen. Demgegenüber sieht § 110 Abs. 1 SGB VII vor, dass diejenigen Personen, die einen Arbeitsunfall vorsätzlich oder grob fahrlässig herbeigeführt haben, den Sozialversicherungsträgern nur bis zur Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs haften.

 

Rz. 161

Auch hier liegt die Beweislast für die Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs beim Sozialversicherungsträger. Aus der Begrenzung auf die Höhe des zivilrechtlichen Schadensersatzanspruchs folgt, dass ein Mitverschulden des Versicherten (Geschädigten) im Rahmen des § 254 BGB zu berücksichtigen ist.

 

Rz. 162

§ 110 Abs. 1 S. 3 SGB VII stellt klar, dass sich das Verschulden des vorsätzlich oder grob fahrlässig Handelnden nur auf das den Versicherungsfall verursachende Handeln oder Unterlassen beziehen muss, nicht mehr, wie nach bisheriger Rechtsprechung, auch auf die Schadensfolgen (BGH VersR 1980, 164).

 

Rz. 163

Jedoch hat der BGH in zfs 2003, 284 ausdrücklich betont, dass der Schädiger dem Geschädigten nur dann haftet, wenn sein Vorsatz auch den Eintritt eines ernstlichen Personenschadens umfasst hat (sog. doppelter Vorsatz). Diesen doppelten Vorsatz hat der BGH in zfs 2003, 284 bei einem sog. schülertypischen Verhalten verneint.

 

Rz. 164

Auch nach neuem Recht können die Sozialversicherungsträger nach billigem Ermessen, insbesondere unter Berücksichtigung der wirtschaftlichen Verhältnisse des Schädigers, auf den Ersatzanspruch ganz oder teilweise verzichten (§ 110 Abs. 2 SGB VII).

 

Rz. 165

Hierzu sind die Sozialversicherungsträger beim Vorliegen der Voraussetzungen nicht nur ermächtigt, sondern auch verpflichtet. Die Überprüfung ihrer Entscheidung ist durch die ordentlichen Gerichte – nicht die Sozialgerichte – vorzunehmen (BGH NJW 1972, 107).

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