1. Abänderung des Verteilungsschlüssels

 

Rz. 169

Begehrt der Kläger die Anfechtung eines Beschlusses zur Änderung des Verteilungsschlüssels für Betriebskosten oder Umlagen, so kann für die Ermittlung des Gesamtinteresses der Betrag der behaupteten Mehrbelastung[166] der mit erhöhten Kosten belasteten Eigentümer ermittelt werden. Die Ermittlung des Gesamtinteresses anhand der Veränderungen für alle Miteigentümer dürfte auf eine Quote von 0 hinauslaufen. Soweit die Kosten im Ergebnis gleich bleiben, dürfte sich die Verschiebung der Begünstigungen spiegelbildlich zur Mehrbelastung der benachteiligten Miteigentümer verhalten. Als Gesamtinteresse wäre damit allein die Mehrbelastung der benachteiligten Eigentümer zu bewerten.

Die Verschiebung des Kostenschlüssels wirkt in der Regel nicht nur für die streitgegenständliche Abrechnungsperiode, sondern auch für die Zukunft. Entsprechende Kostenerwartungen und ihre Auswirkungen auf den Kläger sollten für die Streitwertermittlung vorgetragen werden.

Nach Ermittlung des Gesamtinteresses kann so unter Berücksichtigung der Obergrenzen (vgl. Rdn 160 ff.) der Streitwert bestimmt werden.

[166] Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, § 49a GKG Rn 2; AG Kassel, Urt. v. 27.8.2012 – 800 C 2772/11, openJur 2013, 34139.

2. Abmahnungsbeschluss vor Eigentumsentziehung nach § 17 WEG

 

Rz. 170

Vor der Entziehung eines Wohneigentumsanteils wegen schwerer Pflichtverletzungen ist regelmäßig eine Abmahnung oder eine Unterlassungsklage notwendig.[167]

Aus Sicht des abgemahnten Wohneigentümers muss die Abmahnung als Vorbereitungshandlung der Entziehung betrachtet werden. Danach würde das Interesse des Abgemahnten, der sich gegen die Abmahnung wehrt, am Verkehrswert seines Wohneigentums ausrichten. Hier wäre ein entsprechender Abschlag vorzunehmen. Die Festsetzung auf 20 %[168] bis 1/3[169] des Verkehrswertes wäre hier angemessen.

 

Rz. 171

Erklärt die WEG eine Abmahnung durch einen Rechtsanwalt, ist die Zielrichtung jedoch zunächst nicht die spätere Entziehung des Wohneigentums. Dies ist nur eine weitere Konsequenz. Die Abmahnung dient hier der Vermeidung oder Unterlassung bestimmter Pflichtverletzungen durch den abgemahnten Wohnungseigentümer. Das Interesse der WEG richtet sich also vorwiegend an dem Interesse aller Eigentümer an der Unterlassung dieser Pflichtverletzungen aus. Die Pflichtverletzungen wären damit Gegenstand der Abmahnung und konsequenterweise auch Gegenstand der Streitwertberechnung.

Bei unterlassenen Wohngeldzahlungen wäre damit der Betrag der offenen Wohngelder, bei Lärmstörungen der Wert der Nutzungswertminderungen und bei Ausübung der Prostitution die Summe der möglichen Wertminderungen aller Eigentümer zugrunde zu legen.[170]

[167] BGH, Urt. v. 18.11.2016 – V ZR 221/15, www.bundesgerichtshof.de; Urt. v. 19.1.2007 – V ZR 26/06, www.bundesgerichtshof.de.
[168] Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, § 49a GKG Rn 21.
[169] Monschau in Schneider/Herget, Streitwertkommentar, Rn 6274a.
[170] Niedenführ in Niedenführ/Schmidt-Räntsch/Vandenhouten, § 49a GKG Rn 57.

3. Abrechnungsunterlagen/Vermögensbericht

 

Rz. 172

Der einzelne Wohnungseigentümer hat mit der Neufassung des WEG einen gesetzlich normierten Anspruch auf Einsicht in die Verwaltungsunterlagen, § 18 Abs. 4 WEG. Ein Anspruch auf Herausgabe der Abrechnungsunterlagen oder von Kopien wird damit noch immer nicht verbunden sein. Er kann nur die Einsicht in die Akten vor Ort geltend machen.[171] Der Streitwert bestimmt sich mit der Streichung des § 49a GKG nach dem Einzelinteresse des klagenden des Wohnungseigentümers. Bei mehreren Klägern ist der Wert zu addieren.

Das Eigeninteresse bestimmt sich dabei vorwiegend nach dem Zweck der Einsicht. Dient die Einsicht zur Prüfung der Jahresabrechnung, bestimmt sich das Interesse an dem Anteil, den der Eigentümer an der Abrechnung zu tragen hat. Dient die Einsichtnahme der Begründung oder Ermittlung eines Schadensersatzanspruches gegen den Verwalter, so wird der geschätzte Schadensersatzanspruch herangezogen. Da die Einsichtnahme nur eine Vorbereitungshandlung ist, wäre hier ein entsprechender Abschlag vorzunehmen.

Die gleichen Regeln gelten für die Geltendmachung des Anspruches auf Herausgabe der Unterlagen gegen einen ausgeschiedenen Verwalter.

 

Rz. 173

Der Anspruch auf Erstellung einer Vermögensübersicht durch den Verwalter nach § 28 Abs. 4 WEG dürfte sich an dem vorhandenen Vermögen orientieren. Da der Anspruch jedoch selten die Hautsache regeln wird, dürfte ein angemessener Abschlag von 2/3 bis 90 % vorzunehmen sein. Denkbar wäre aber auch, dass sich aus dem Vermögensverzeichnis weitere Ansprüche ergeben, wie Schadensersatzansprüche gegen den Verwalter oder auch gegen Dritte.

In diesem Fall kann sich der Anspruch auch an den erwarteten weiteren Ansprüchen orientieren.

Kein Anhaltspunkt für die Festsetzung des Streitwertes ist der Aufwand des Verwalters, diese Übersicht zu erstellen. Maßgeblich ist nur das Interesse der Antragstellerseite.

[171] BGH, Urt. v. 11.2.2011 – V ZR 66/10, www.bundesgerichtshof.de.

4. Anfechtung von Beschlüssen der Eigentümergemeinschaft

 

Rz. 174

Bei der Anfechtung des Beschlusses bestimmt sich der Streitwert nach dem neuen § 49 GKG. Zu addieren...

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