Rz. 182

Anm. 5 zu Nr. 1009 VV RVG regelt, dass in drei Fällen die Hebegebühr nicht entsteht:

Weiterleitung von Kosten an ein Gericht oder eine Behörde

Der GV ist in der Anmerkung nicht genannt. Da es von der Systematik aber keinen Unterschied machen kann, ob es sich um Kostenzahlungen an das Gericht oder an den GV handelt, ist das Entstehen der Hebegebühr auch insoweit zu verneinen.[69] Üblicherweise werden an das Gericht bzw. die Gerichtskasse Gerichtskosten und Auslagenvorschüsse, wie z.B. Sachverständigenkosten, gezahlt.

Weiterleitung eingezogener Kosten an den Auftraggeber

Hier sind Kosten als Nebenforderung gemeint, die im Zusammenhang mit dem zugrundeliegenden Auftrag stehen. Dies ist z.B. der Fall, wenn der Gegner aufgrund des vorgerichtlichen Aufforderungsschreibens die vom Gegner erstatteten Anwaltskosten an seinen Mandanten weiterleitet.

Werden hingegen die Kosten zur Hauptforderung, dann steht dem RA die Hebegebühr bei Weiterleitung des Betrages zu. Beispielsweise ist dies der Fall, wenn der Gegner vorgerichtlich nur den ursprünglichen Hauptforderungsbetrag gezahlt hat, nicht aber aufgrund Verzuges die vorgerichtlichen Anwaltskosten, und der RA zieht nach gewonnenem Rechtsstreit den Kostenbetrag ein und leitet ihn an den Mandanten weiter.

Denkbar ist auch, dass die Weiterleitung von Geld an den Mandanten sowohl Kosten als Hauptforderung als auch als Nebenforderung beinhaltet. Dies liegt z.B. vor, wenn der RA wegen eines Anspruchs aus einem Kostenfestsetzungsbeschluss die Kontopfändung betreibt. Die Drittschuldnerin zahlt aufgrund der Pfändung den Betrag gem. KfB und die Kosten der Kontopfändung (Anwalts-, Gerichts- und Gerichtsvollzieherzustellungskosten). Den Gesamtbetrag leitet der RA an den Mandanten weiter. Auf den durchgesetzten Betrag gem. KfB steht dem RA die Hebegebühr zu, da dieser Kostenbetrag in der Zwangsvollstreckung zur Hauptsache wurde, und auf den Betrag der Kosten der Pfändung erhält der RA die Hebegebühr nicht, da sie Nebenforderungen sind.

Eine Weiterleitung nicht verbrauchter Gerichtskostenvorschüsse an den Mandanten fällt nicht unter Anm. 5 zu Nr. 1009 VV RVG, da diese Kosten nicht eingezogen werden.[70] Hier ist der RA demnach berechtigt, die Hebegebühr abzurechnen. Strittig ist, ob auch für die Rückzahlung eines nicht verbrauchten Gebührenvorschusses die Hebegebühr in Ansatz gebracht werden kann.[71]

Wenn eingezogene Beträge auf die Vergütung verrechnet werden

Danach erhält der RA die Hebegebühr nicht, wenn er eingezogene Gelder auf seine Vergütung verrechnet. Für die Entnahme der Hebegebühr selbst gilt diese Regelung jedoch nicht.

 

Beispiel

Der Gegner zahlt an den RA die Hauptforderung von 2.000,00 EUR. Der RA verrechnet von der Zahlung einen Teilbetrag von 470,05 EUR auf seine Vergütung und zieht dann noch auf den verbleibenden Betrag von 1.529,95 EUR die Hebegebühr nebst Auslagen und Mehrwertsteuer von 21,85 EUR ab, so dass er den Restbetrag von 1.508,10 EUR an den Mandanten weiterleitet.

Der RA erhält die Hebegebühr auf den Betrag von 1.529,95 EUR, obwohl er lediglich 1.508,10 EUR auszahlt.

 

Praxistipp

Will der RA eine Verkürzung seiner Hebegebühr nicht hinnehmen, sollte er eingezogene Beträge nicht mit seiner Vergütung verrechnen, sondern die Beträge auszahlen und seine Leistung gesondert aufgeben. Eine solche Verfahrensweise kommt sicher nur bei liquiden, seriösen Mandanten in Betracht.

[69] Schneider/Wolf/N. Schneider, RVG, VV 1009 Rn 34.
[70] Schneider/Wolf/N. Schneider, RVG, VV 1009 Rn 39.
[71] Dagegen: Schneider/Wolf/N. Schneider, RVG, VV 1009 Rn 39, dafür: Gerold/Schmidt/Madert, RVG, VV 1009 Rn 12.

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