Rz. 135

Das Arbeitsverhältnis ist darauf angelegt, dass der Arbeitnehmer seine Arbeitsleistung erbringt und hierfür vom Arbeitgeber die vereinbarte Vergütung erhält. Nicht selten kommt jedoch "das echte Leben" dazwischen und ein Arbeitnehmer ist – aus welchem Grund auch immer – an der Erbringung seiner Arbeitsleistung verhindert. In diesen Fällen hat der Arbeitgeber zunächst ein nachvollziehbares Interesse daran, hiervon möglichst kurzfristig zu erfahren, um sich auf die Situation einstellen zu können.

 

Rz. 136

Für den Arbeitnehmer stellt sich in den Fällen der Verhinderung an der Arbeitsleistung die Frage, ob er trotzdem seine Vergütung erhält. Die Entgeltfortzahlung aufgrund des Entgeltfortzahlungsgesetzes ist sicherlich der bedeutendste Fall der Abweichung vom Grundsatz "ohne Arbeit kein Lohn". Allerdings sieht z.B. § 616 BGB auch für andere Fälle einer unverschuldeten Verhinderung an der Erbringung der Arbeitsleistung die Aufrechterhaltung des Vergütungsanspruchs vor. Die Vorschrift ist allerdings dispositiv.[234] Zudem steht sie für den wichtigen Fall der Arbeitsverhinderung aufgrund Erkrankung eines Kindes im Spannungsfeld zu sozialrechtlichen Vorschriften (vgl. § 45 SGB V).[235]

 

Rz. 137

In Unternehmen mit Betriebsräten ist zu beachten, dass vom Entgeltfortzahlungsgesetz abweichende Regelungen zur Vorlage einer ärztlichen Bescheinigung, die für alle Mitarbeiter Geltung beanspruchen soll, vom BAG als Fragen der betrieblichen Ordnung i.S.d. § 87 Abs. 1 Nr. 1 BetrVG angesehen werden und somit der Mitbestimmung des Betriebsrats unterliegen.[236] Das Mitbestimmungsrecht erstreckt sich dabei auf das "Ob" und das "Wie" und liegt originär auf der Ebene der lokalen Betriebsratsgremien.[237] Der Arbeitgeber kann daher nicht entscheiden, zwecks Einführung einer unternehmensweiten Regelung eine Vereinbarung mit dem Gesamtbetriebsrat abzuschließen.[238] Er ist darauf angewiesen, jeweils lokale Regelungen zu treffen, sollten lokale Betriebsräte nicht gemäß § 50 Abs. 2 S. 1 BetrVG den Gesamtbetriebsrat beauftragen.

[234] ErfK/Preis, § 616 BGB Rn 13.
[235] ErfK/Preis, § 616 BGB Rn 8 f.

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