Rz. 69

Bei der Entscheidung für oder wider eine Bindungsklausel ist zunächst entscheidend, ob die entsprechende Vergütungskomponente tatsächlich reinen Betriebstreuecharakter hat. Entgeltcharakter wird jedenfalls dann angenommen, wenn die Sonderzuwendung auf das Erreichen quantitativer und qualitativer Ziele abstellt, ganz gleich, ob diese Ziele an die persönliche Leistung des Arbeitnehmers oder an das Betriebsergebnis anknüpfen. Dies schließt neben der laufenden Grundvergütung leistungsabhängige Boni,[138] Provisionszahlungen, Tantiemen oder ein dreizehntes Monatsgehalt aus. Dabei stellt die Rechtsprechung auch auf die Höhe der Zahlung ab: Gegen einen möglichen Betriebstreuebezug der Zuwendung spricht es, wenn eine Sonderzahlung einen nicht unwesentlichen Teil der Gesamtvergütung ausmacht, was bei 15 % der Gesamtvergütung angenommen wurde.[139] Gleichermaßen hat das BAG angedeutet, dass viel dafür spräche, dass jedenfalls in Fällen, in denen die Sonderzahlung mindestens 25 % der Gesamtvergütung ausmacht, der mit der Sonderzahlung verfolgte Zweck einer zusätzlichen Vergütung bei der Abwägung der Interessen der Arbeitsvertragsparteien und damit bei der Beurteilung der Wirksamkeit einer Bindungsklausel maßgebend ist. Die Zielsetzung, künftige Betriebstreue zu belohnen und den Arbeitnehmer zu reger und engagierter Mitarbeit zu motivieren, habe dahinter zurückzutreten.[140] Weiterhin muss darauf geachtet werden, dass bereits die Gewährung einer anteiligen Zahlung im Eintritts- oder Austrittsjahr pro rata temporis für den Entgeltcharakter der Leistung spricht, da die Zahlung dadurch mit erbrachter Arbeitsleistung verknüpft wird.[141] Im Ergebnis kommen Bindungsklauseln damit nur noch bei Weihnachtsgratifikationen und sonstigen Treue- und Halteprämien in Betracht. In jedem Fall muss sich der Betriebstreuecharakter aus der Vereinbarung über die Sonderzahlung selbst deutlich ergeben.[142]

[138] Zur Sonderproblematik der Durchsetzbarkeit einer Rückforderung von erbrachten Bonuszahlungen bei sog. Risikoträgern im Bankenbereich (sog. Clawback-Regelungen) nach § 20 Abs. 6 Institutsvergütungsverordnung: Löw, NZA 2017, 1365 m.w.N.
[139] BAG v. 13.5.2015 – 10 AZR 266/14, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 304.
[141] BAG v. 13.11.2013 – 10 AZR 848/12, AP BGB § 611 Gratifikation Nr. 303.
[142] Preis/Preis, II, S. 40 Rn 44e.

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