Rz. 1448

Der Bedarf nach den ehelichen Lebensverhältnissen wird durch solche Einkünfte geprägt, die zur Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung stehen.[1503]

Darunter fallen die Einkünfte beider Ehegatten, mit denen sie sich ihren Lebenszuschnitt geschaffen haben. Zunächst wurden deshalb nur diese beiderseitigen Einkünfte zur Beurteilung der Frage nach den ehelichen Lebensverhältnissen herangezogen.[1504]

 

Rz. 1449

Mit Entscheidung vom 13.6.2001 hat der BGH sodann die Haushaltstätigkeit eines der Eheleute als gleichwertig in die Betrachtung der ehelichen Lebensverhältnisse einbezogen.[1505]

Schließlich hat der BGH entschieden, dass es keine – starre – Lebensstandardgarantie gibt, sondern die tatsächlichen Gegebenheiten sowohl nach oben als auch nach unten veränderbar sind.[1506]

 

Rz. 1450

Hinsichtlich des Einkommens ist auf die jeweils aktuellen Einkommensverhältnisse abzustellen. Der Grund liegt darin, dass Eheleute nicht besser oder schlechter als ohne Scheidung gestellt sein sollen. Deshalb sind auch Einkommenssenkungen, soweit sie nicht auf unterhaltsrechtlich vorwerfbarem Verhalten beruhen, in die Bedarfsermittlung einzubeziehen.

 

Rz. 1451

Dies führt zu folgender Konsequenz:

Doppelverdienerehe

Gehen beide – früheren – Eheleute einer Erwerbstätigkeit nach, bestimmen die zusammengerechneten Einkünfte beider Ehegatten die ehelichen Lebensverhältnisse.

Alleinverdienerehe

Hat nur ein Ehegatte in der Ehe prägende Einkünfte, weil der andere Ehepartner den Haushalt führt, sind die ehelichen Lebensverhältnisse nicht nur durch die Erwerbseinkünfte, sondern auch von dem durch die häusliche Mitarbeit des anderen Ehegatten erreichten sozialen Status geprägt.[1507] Das vom bisher Haushalt führenden Ehegatten nach Trennung und/oder Scheidung erzielte Erwerbseinkommen ist Surrogat der früheren Familienarbeit und fließt vollständig in die Bedarfsermittlung ein.[1508]

 

Rz. 1452

Einkommen sind alle Einkünfte der Eheleute, gleich welcher Art und Herkunft.[1509] Entscheidend ist allein, ob Einkünfte zur Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung stehen. Infrage kommen im Wesentlichen

Erwerbseinkünfte
Renten/Pensionen
Vermögenserträge
Sonstige wirtschaftliche Vermögensnutzungen (z.B. Wohnvorteil,[1510] Zinsen)
Fiktive Einkünfte.
 

Rz. 1453

Abfindungen wegen Verlustes des Arbeitsplatzes haben vorrangig Lohnersatzfunktion. Sie sind nur dann nicht unterhaltsrechtlich von Bedeutung, wenn der Betroffene unverzüglich einen neuen Arbeitsplatz findet und dadurch an seinen bisherigen Verdienst anknüpfen kann.[1511]

Ist dies nicht der Fall, dient die Abfindung in der Regel der Beibehaltung des bisherigen Einkommens. Der Umfang der monatlichen Anrechnung hängt allerdings von den Umständen des Einzelfalls ab.[1512]

Bei Ausübung einer vollschichtigen Erwerbstätigkeit mit nur geringem Verdienst ist die Abfindung zunächst zur Sicherung des Mindestunterhalts zu verwenden.[1513]

 

Rz. 1454

Zur Bestimmung des Einkommens sind darüber hinaus aber auch Sachleistungen,[1514] ein Lottogewinn[1515] und selbst regelmäßige Gewinne eines Skatspielers[1516] heranzuziehen.

Innerhalb jeder Einkunftsart zählen dazu alle daraus zufließenden Einkünfte. Beim Arbeitseinkommen zählen neben dem Grundgehalt hierzu

Sonderzuwendungen,
Geldwerte Vorteile wie Dienstwagen[1517]
Zulagen,
Spesen,[1518]
Prämien,
Weihnachtsgeld,
Urlaubsgeld,
Auslösungen und
Überstundenvergütungen.

Schließlich sind sogar Tilgungsanteile einer Leibrente[1519] zu berücksichtigen.

[1504] BGH FamRZ 1984, 356.
[1505] BGH FamRZ 2001, 986, 989.
[1508] BGH FamRZ 2001, 986, 991.
[1512] So zu Recht Schürmann, FamRZ 2013, 1082, 1083.
[1513] OLG Schleswig FamRZ 2012, 1575.
[1515] OLG Frankfurt FamRZ 1995, 874.
[1516] OLG Düsseldorf FamRZ 1994, 896.
[1518] OLG Düsseldorf – 6 UF 150/07, BeckRS 2008, 17153.
[1519] BGH FamRZ 1994, 228.

1. Erwerbseinkommen

 

Rz. 1455

Das Schwergewicht der Einkünfte liegt regelmäßig im erzielten Einkommen aus selbstständiger oder nicht selbstständiger Berufstätigkeit. Zur Berechnung des für die Deckung des Lebensbedarfs zur Verfügung stehenden Einkommens ist deshalb nicht das Bruttoeinkommen, sondern das bereinigte Nettoeinkommen heranzuziehen.

 

Rz. 1456

Das bereinigte Nettoeinkommen wird berechnet, indem von den Bruttoeinkünften aus allen Einkunftsarten dasjenige abgezogen wird, was für andere Zwecke als den laufenden Lebensbedarf verwendet werden muss und deshalb unterhaltsrechtlich als zulässiger Abzugsposten anzuerkennen ist.[1520]

 

Rz. 1457

Bei Nichtselbstständigen ergibt sich das Nettoeinkommen durch Abzug folgender Positionen vom Bruttoeinkommen:

Zahlungen für Lohn-, Einkommen- und Kirchensteuer[1521] einschließlich Solidaritätszuschlag,
Vorsorgeaufwendungen für Krankheit, Invalidität, Alter und Arbeitslosigkeit.[1522...

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