Rz. 463

Die Dauer der Ehe kann insofern eine entscheidende Rolle spielen, als zu prüfen ist, inwieweit der Berechtigte durch die Ehe eine Unterbrechung seiner Arbeitstätigkeit vorgenommen hat. Je länger diese Unterbrechung gedauert hat, desto mehr muss dies bei der Zumutbarkeit der Aufnahme einer Erwerbstätigkeit und bei der Gesamtbewertung eine Rolle spielen.[484]

Umgekehrt gilt: Je kürzer die Ehedauer, desto eher besteht eine Erwerbsobliegenheit.[485]

Einerseits ist festzustellen, dass die Dauer der Ehe nur eines der in § 1361 Abs. 2 BGB aufgeführten Merkmale darstellt und damit neben den anderen Merkmalen nur als gleichrangiger Gesichtspunkt zu berücksichtigen ist.

Andererseits ist durch Gesetzesänderung die Ehe von langer Dauer ausdrücklich in § 1578b Abs. 1 S. 1 BGB eingefügt worden, um einen darauf bezogenen unbefristeten Unterhalt zu normieren.

 

Rz. 464

Diese Gesetzesänderung für die Zeit nach der Ehe verändert auch das Merkmal der Dauer der Ehe während der Trennungszeit. Früher hatte der BGH die Dauer der Ehe im Zusammenhang mit § 1578b BGB "nur ein Indiz" für die zunehmende Verflechtung der beiderseitigen Verhältnisse genannt.[486] Die Ehedauer, so der BGH, gewinne (nur) durch eine wirtschaftliche Verflechtung an Gewicht.[487] Es war deshalb klar, dass auch lange Ehen ohne weitere Kriterien nicht zu einem unbegrenzten Unterhaltsanspruch führen konnten.[488]

Dies führt bei Ehen langer Dauer, also etwa ab einer Ehezeit von 20 Jahren[489] zur Verneinung einer Erwerbsobliegenheit. Allerdings muss trotz der Gesetzesänderung letztlich auch bei langjähriger Dauer der Ehe auf die persönlichen und wirtschaftlichen Verflechtungen der Eheleute abgestellt werden. Auch bei Ehen von langer Dauer sind Konstellationen ohne Verflechtungen denkbar, die in Ausnahmefällen zu einer Erwerbsobliegenheit führen können.

[484] OLG München FamRZ 2002, 462.
[485] OLG Hamm FamRZ 1997, 1536: Obliegenheit zur Erwerbstätigkeit schon im ersten Trennungsjahr bei kurzer Ehedauer.
[488] Wendl/Dose/Wönne, § 4 Rn 1020 m.w.N.
[489] Dazu ausführlich und differenzierend Wendl/Dose/Gutdeutsch, § 5 Rn 126 ff.

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