Rz. 532

Bei außergewöhnlich guten Einkommensverhältnissen bedarf es jedoch einer konkreten Bemessung des eheangemessenen Unterhalts. Von einer bestimmten Einkommenshöhe an ist die Wahrscheinlichkeit gegeben, dass die Eheleute das zur Verfügung stehende Einkommen nicht vollständig dem Konsum widmen, sondern Vermögensbildung betreiben.[550]

Da die Höhe des dem Konsum zugeführten Einkommens individuell sehr unterschiedlich sein kann, ist ab einer bestimmten Größenordnung eine konkrete Bedarfsberechnung, orientiert an den ehelichen Lebensverhältnissen, durchzuführen. Der Unterhaltsberechtigte muss seinen Bedarf im Einzelnen darlegen.[551]

Nach der überwiegenden Anzahl der Leitlinien der Oberlandesgerichte in den Ziff. 15.3. ist dies der Fall, wenn das gemeinsame Einkommen das Zweifache der höchsten Einkommensgruppe der Düsseldorfer Tabelle übersteigt, derzeit also höher ist als 11.000 EUR.[552]

 

Rz. 533

Nach der Entscheidung des BGH von 2017 sowie der Bestätigung aus dem Jahr 20121[553] bestehen in der Rechtsprechung und in der Orientierung der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte keine unterschiedlichen Auffassungen darüber, ab wann eine konkrete Bedarfsberechnung vorgenommen werden sollte.

Es wird eine Orientierung entsprechend der Entscheidung des BGH an der sich nach der gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Gesamtentwicklung orientierenden Düsseldorfer Tabelle vorgenommen.[554] Das Doppelte des jeweils geltenden Höchstbetrages, derzeit 11.000 EUR, stellt danach mit seinem hälftigen Anteil von 45 %, mithin 4.950 EUR, die Grenze zur konkreten Bedarfsberechnung dar.[555]

 

Rz. 534

Üblicherweise heißt es in der jeweiligen Ziff. 15.3. der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Oberlandesgerichte:[556]

Zitat

Der eheangemessene Unterhaltsbetrag kann bis zum höchsten, in der Düsseldorfer Tabelle ausgewiesenen Betrag als Quotenunterhalt geltend gemacht werden. Darüberhinaus kommt eine konkrete Bedarfsberechnung in Betracht.

 

Beispiel

M erzielt ein unterhaltsrechtlich bereinigtes Monatsnettoeinkommen von 20.000 EUR. F macht Trennungsunterhalt geltend. Sie reklamiert für sich einen Bedarf von 6.000 EUR.

Diesen Bedarf kann sie wie folgt darlegen:

Alternative 1:

F legt dar, dass während der Ehe von den 20.000 EUR monatlich 6.000 EUR gespart wurden und der Rest von 14.000 EUR für die allgemeine Lebensführung verwendet worden ist.

Konkrete Bedarfsberechnung: (20.000 EUR – 6.000 EUR) x 45 % = 6.300 EUR.

Alternative 2:

F legt die einzelnen Positionen ihres Elementarbedarfs dar, z.B. für

Wohnen → 2.000 EUR
Lebensmittel → 1.000 EUR
Friseur → 100 EUR
Autokosten → 700 EUR
Urlaub → 1.000 EUR
Kosmetik → 100 EUR
Kleidung → 1.000 EUR
Restaurantbesuche → 200 EUR
Kommunikation (Handy, Zeitung) → 200 EUR
Golf → 200 EUR

gesamt → 6.500 EUR

Unterhaltsbegrenzung: 20.000 EUR x 45 % = 9.000 EUR.

Die geforderten 6.500 EUR liegen unter diesem Grenzbetrag.

 

Rz. 535

Der BGH hatte es gebilligt, eine konkrete Bemessung des Unterhaltsbedarfs dann zu verlangen, wenn dieser den Bedarf auf der Grundlage des Einkommens nach dem Doppelten der höchsten Stufe der Düsseldorfer Tabelle (derzeit 11.000) übersteigt. Dies ist immer dann der Fall, wenn der Gesamtbedarf des Berechtigten den Betrag von 4.950 EUR übersteigt.[557]

 

Rz. 536

Bei einer konkreten Bedarfsbemessung sind alle zur Aufrechterhaltung des bisherigen Lebensstandards benötigten Lebenshaltungskosten konkret zu ermitteln.[558] Dazu zählen u.a. die Aufwendungen für das

Haushaltsgeld,
Wohnen,
Kleidung,
Geschenke,
Putzhilfe,
Reisen,
Urlaub,
sportliche Aktivitäten,
kulturelle Bedürfnisse,
Pkw-Nutzung,
Vorsorgeaufwendungen,
Versicherungen und
sonstige notwendige Lebenshaltungskosten.[559]
 

Rz. 537

Born hat zur Bestimmung konkreter Aufwendungen eine sehr ausführliche Checkliste wie folgt vorgeschlagen:[560]

 
I.

Essen und Trinken

1. Wöchentlicher Einkauf (Supermarkt)
2. Restaurant, auswärtiges Essen
3. Besonderer Mehrbedarf, z.B. Diät
II.

Kleidung

4. Anschaffung und Reinigung von Oberbekleidung
5. Unterwäsche
6. Schuhe
7. Mode
8. Schmuck
III.

Körperpflege

9. Friseur
10. Kosmetik (Produkte, Studio)
11. Parfüm
IV.

Haushalt und Wohnen

12. Anschaffungen für Hausrat
13. Zeitung
14. Müllabfuhr
15. Porto
16. Telefon, Handy, PC
17. TV und Radio (GEZ)
18. Garage
19. Miete und Nebenkosten (Heizung, Strom, Versicherung pp)
20. Haustiere (Futter, Tierarzt, Versicherung)
21. Instandhaltung, Reparaturaufwendungen
22. Gärtner, Haushaltshilfe, Kindermädchen
V.

Kultur und soziales Leben

23. Theater/Oper
24. Kino
25. Museum
26. Bücher und Zeitschriften
27. Kosten für Einladungen und Geschenke
VI.

Sport und Freizeit

28. Mitgliedsbeiträge
29. Trainerstunden
30. Sportbekleidung (Anschaffung und Ersatz)
31. Materialverbrauch
32. Besondere Kosten (z.B. Turnier- und Meldegebühren)
VII.

Urlaub

33. Reisekosten
34. Kosten der Unterkunft
35. Zusatzausgaben vor Ort
36. Club-Gebühren
37. Städte- und Kulturreisen
VIII.

Kraftfahrzeug

38. Steuer und Versicherung
39. Reparaturen und Inspektionen
40. Ben...

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