Rz. 1662

Einzelfälle:

Kosten der Konfirmation oder Kommunion sind kein Sonderbedarf, so der BGH, sondern Mehrbedarf, da die Kosten mit Beginn des entsprechenden Unterrichts voraussehbar waren;[1794] Nach anderer Ansicht, der zuzustimmen ist, können solche Kosten durchaus Sonderbedarf sein. Dies ist vor allem dann der Fall, wenn die laufende Unterhaltsrente so niedrig ist, dass sie die Bildung ausreichender Rücklagen von vornherein nicht erlaubt.[1795]
Eine Brille stellt keinen Sonderbedarf dar, wenn absehbar war, dass diese benötigt werde;
Die Erstausstattung eines Säuglings ist Sonderbedarf im Sinne des § 1613 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 BGB;[1796]
Ärztliche Behandlungskosten größeren Umfangs sind Sonderbedarf;[1797]
Eine plötzlich notwendige Zahnbehandlung ist Sonderbedarf, die lang andauernde kieferorthopädische Behandlung möglicherweise aber ebenfalls;[1798]
Kosten des Nachhilfeunterrichts sind dann Sonderbedarf, wenn sie überraschend oder nur vorübergehend anfallen.[1799]
 

Rz. 1663

Die regelmäßigen zusätzlichen Aufwendungen aufgrund besonderer Umstände, also Mehrbedarf, können sein:

Krankheits- und altersbedingter Mehrbedarf;
ausbildungsbedingter Mehrbedarf des Berechtigten nach §§ 1578 Abs. 2, 1361 BGB;
Krankheitsvorsorgeunterhalt des Berechtigten nach §§ 1578 Abs. 2, 1361 Abs. 1 BGB;
Altersvorsorgeunterhalt des Berechtigten nach §§ 1578 Abs. 3, 1361 Abs. 1 BGB.
 

Rz. 1664

Ergibt sich aus gesundheitlichen bzw. Altersgründen beim Unterhaltsberechtigten ein Mehrbedarf, kann dieser nach den Grundsätzen für den ausbildungsbedingten Mehrbedarf geltend gemacht werden, sofern er konkret dargelegt und bewiesen wird.

Zuerkannt wird ausschließlich, was "medizinisch notwendig" ist.

Beispiel: Bei Erkrankung an Diabetes unterscheiden Gerichte bei der Verwendung von Nahrungsmitteln danach, ob diese wirklich medizinisch notwendig sind. So ist z.B. die Verwendung von Reformhausprodukten dem "Lifestyle" zuzurechnen.[1800]

 

Rz. 1665

Anerkannt wurde Mehrbedarf bei Darlegung der Notwendigkeit u.a. in folgenden Fällen:

Pkw[1801]
Energiekosten[1802]
Krankenversicherung[1803]
Lebenshaltungskosten[1804]
Medikamente[1805]
Miete[1806]
Mietnebenkosten[1807]
Umgangskosten[1808]
Umzugskosten[1809]
Versicherungen[1810]
Zeitung.[1811]

Der Mehrbedarf ist insgesamt konkret darzulegen und im Einzelfall vom Tatrichter zu ermitteln. Lebt der Betreffende mit einem neuen Partner zusammen, ist der Mehrbedarf regelmäßig nicht gegeben.[1812]

 

Rz. 1666

Keinen zusätzlich zu berücksichtigenden Mehrbedarf stellen ferner alle Aufwendungen dar, die bereits bei der Ermittlung des prägenden bereinigten Nettoeinkommens als Abzugsposten berücksichtigt worden sind, wie

Einkommen- und Kirchensteuer,
Vorsorgeaufwendungen für Krankheit, Alter, Invalidität und Arbeitslosigkeit,
berufs- und ausbildungsbedingte Aufwendungen,
Betriebsausgaben und Werbungskosten,
Aufwendungen für anerkennenswerte Schulden,
Unterhaltszahlungen
Vermögensbildung, soweit diese in angemessenem Rahmen fortgesetzt werden darf.
 

Rz. 1667

Im Falle einer Quotenberechnung des Elementarunterhalts ist der Mehrbedarf zunächst vom prägenden Einkommen abzuziehen und hat letztlich auf die Höhe des Elementarunterhalts Einfluss.[1813]

 

Rz. 1668

Mehrbedarf ist grundsätzlich konkret darzulegen und zu beweisen. Der Bedürftige, der den Mehrbedarf geltend macht, ist beweispflichtig. Die angemessene Höhe kann aber auch einer Schätzung nach § 287 Abs. 2 ZPO unterliegen.[1814] Eine Schätzung spielt aber nur dann eine Rolle, wenn es dem betroffenen Ehegatten nicht zumutbar ist, seine besonderen Aufwendungen in allen Einzelheiten spezifiziert darzulegen.[1815]

[1794] Str; so BGH FamRZ 2006, 612 mit krit. Anm. Luthin; vgl. Wendl/Dose/Scholz, § 6 Rn 16 m.w.N.
[1795] So auch Wendl/Dose/Scholz, § 6 Rn 4 und Rn 16.
[1796] Roßmann/Viefhues/Viefhues, Rn 600.
[1797] BGH FamRZ 1992, 291.
[1798] Str.: so OLG Celle OLGR 2008, 241; OLG Düsseldorf ZFE 2003, 348; a.A. Roßmann/Viefhues/Viefhues, Rn 600.
[1799] OLG Köln FamRZ 1999, 531.
[1800] OLG Düsseldorf FamRZ 2002, 751.
[1801] BGH FamRZ 1988, 921, 923.
[1802] BGH FamRZ 1988, 921, 923.
[1803] BGH FamRZ 1991, 414, 415.
[1804] OLG Düsseldorf NJW 1990, 2695.
[1805] OLG Hamm FamRZ 1999, 1349.
[1806] U.a. BGH FamRZ 1990, 499, 503; OLG Düsseldorf NJW 1990, 2695.
[1807] BGH FamRZ 1988, 921, 924.
[1808] Nur in begrenzten Ausnahmefällen bei weiter Entfernung bzw. faktischem Umgangsausschluss (BGH FamRZ 1995, 215; differenzierend BVerfG FamRZ 1995, 86), nicht aber durch den Kindergartenbesuch entstehende Kosten (OLG Stuttgart FamRZ 2004, 1129.
[1809] OLG Köln FamRZ 1986, 163.
[1810] BGH FamRZ 1988, 921, 924.
[1811] BGH FamRZ 1988, 921, 924.
[1812] BGH FamRZ 1990, 1085, 1088.
[1813] BGH FamRZ 1982, 255.
[1814] BGH FamRZ 1981, 338.
[1815] BGH FamRZ 1981, 338.

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