Rz. 54

Bei der Wahl-Zugewinngemeinschaft (§ 1519 S. 1 BGB) endet der Güterstand nach Art. 7 WahlZugAbk mit dem Tod eines Ehegatten. Eine pauschale Erhöhung des gesetzlichen Erbrechts um ¼, wie sie in § 1371 Abs. 1 BGB für die Zugewinngemeinschaft normiert wurde, existiert für die Wahl-Zugewinngemeinschaft nicht.[102] Das Ehegattenerbrecht beläuft sich mithin neben Verwandten der ersten Erbordnung auf ¼ und neben Verwandten der zweiten Ordnung auf ½ (§ 1931 Abs. 1 S. 1 BGB). Die Pflichtteilsquote des Ehegatten beläuft sich neben Abkömmlingen auf 1/8 und neben Verwandten der zweiten Erbordnung auf ¼.

 

Rz. 55

Der Zugewinn wird bei der Wahl-Zugewinngemeinschaft neben dem gesetzlichen Erbrecht ausschließlich rechnerisch ausgeglichen.[103] Hat der längerlebende Ehegatte den geringeren Zugewinn erzielt, so steht ihm unstreitig der rechnerische Zugewinnausgleich zu. Ob die Rechtslage im umgekehrten Fall genauso klar ist, wird vereinzelt in Frage gestellt.[104] Ganz überwiegend wird jedoch angenommen, dass ein rechnerischer Zugewinnausgleichsanspruch auch in den Nachlass des zuerst versterbenden Ehegatten fällt.[105] Das ist zutreffend. Denn nach Art. 12 Abs. 3 WahlZugAbk ist die Zugewinnausgleichsforderung nach Beendigung des Güterstands ausdrücklich vererblich.[106]

 

Rz. 56

Die Ausgleichsforderung ist eine Nachlassverbindlichkeit i.S.d. § 2311 BGB; sie ist vor der Berechnung des Pflichtteils vom Nachlass abzusetzen und zwar auch dann, wenn der ausgleichsberechtigte Ehegatte Alleinerbe wird und die Ausgleichsforderung durch Konfusion erlischt.

 

Praxishinweis

Die Auswirkungen des rechnerischen Zugewinnausgleichs sind für die Höhe der Pflichtteilsansprüche zu beachten. Im Güterstand der Wahl-Zugewinngemeinschaft können sich Pflichtteilsansprüche im Vergleich zur Zugewinngemeinschaft sowohl reduzieren als auch deutlich erhöhen (siehe dazu die Berechnungsbeispiele bei § 1 Rdn 30 f.).

 

Rz. 57

 

Tabelle: Abhängigkeit der Pflichtteilsquote vom Güterstand

Güterstand Pflichtteil des Ehegatten neben Abkömmlingen Pflichtteil je Kind, wenn der Erblasser im Erbfall noch verheiratet war
    Anzahl der hinterlassenen Kinder
1 2 3

Zugewinngemeinschaft

(erbrechtliche Lösung)
¼ ¼ 1/12

Zugewinngemeinschaft

(güterrechtliche Lösung, jedoch ist Zugewinnausgleich vom Nachlass vorweg abzuziehen)
3/16
Gütertrennung

1 Kind

¼

2 Kinder

1/6

3 und mehr Kinder

¼ 1/6
Gütergemeinschaft 3/16

Wahl-Zugewinngemeinschaft

(Zugewinn wird stets rechnerisch ausgeglichen. Steht dem überlebenden Ehegatten ein Ausgleich zu, ist dieser vom Nachlass vorweg abzuziehen. Steht dem Erblasser ein Ausgleich zu, fällt der Anspruch – anders als bei der Zugewinngemeinschaft – in den Nachlass)
3/16
[102] Vgl. MüKo-BGB/Leipold, § 1931 Rn 50.
[103] Vgl. MüKo-BGB/Leipold, § 1931 Rn 50.
[104] MüKo-BGB/Leipold, § 1931 Rn 51 ff.
[105] Vgl. die h.M. bei Süß, ZErb, 2010, 281, 285; Dutta, FamRZ 2011, 1829, 1838; Jünemann, ZEV 2013, 353; Palandt/Weidlich, § 1931 Rn 3; BeckOGK BGB/Kuhn, § 1371 Rn 6 m.w.N.
[106] MüKo-BGB/Leipold, § 1931 Rn 51 ff. merkt in seiner Kritik an der h.M. an, dass zweifelhaft sei, ob ein solch gravierender Unterschied zur Zugewinngemeinschaft vom Gesetzgeber gewollt war, da Art. 12 Abs. 3 WahlZugAbk dem § 1378 Abs. 3 S. 1 BGB nachgebildet sei. Im Ergebnis gelangt aber auch Leipold zum Ergebnis der h.M., allerdings über den Umweg einer verfassungsrechtlich gebotenen Auslegung (a.a.O., Rn 53).

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge