1. Allgemeines

 

Rz. 107

Diejenigen Personen, die sich im Zeitpunkt des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden haben, sind verpflichtet, dem Erben Auskunft

über die erbschaftlichen Geschäfte und
über den Verbleib der Erbschaftsgegenstände

zu erteilen.

2. Auskunftsgläubiger

 

Rz. 108

Auskunftsberechtigt ist der Erbe; bei Vorhandensein mehrerer Miterben kann jeder den Anspruch – auch gegen den Widerspruch der anderen – geltend machen, allerdings nach § 2039 BGB nur Leistung an alle Miterben verlangen.[109]

Ist Testamentsvollstreckung angeordnet, so ist der Anspruch vom Testamentsvollstrecker geltend zu machen, § 2205 BGB. Entsprechendes gilt für den Nachlassverwalter bei bestehender Nachlassverwaltung[110] sowie den Nachlassinsolvenzverwalter.

Aber auch dem Pfandgläubiger, der ein rechtsgeschäftliches oder vollstreckungsrechtliches Pfandrecht am Erbteil eines Miterben erworben hat, dürfte der Auskunftsanspruch anstelle des Miterben zustehen, weil er anders seine Rechte aus dem Pfandrecht nicht geltend machen könnte.

[109] MüKo/Helms, § 2028 Rn 2.
[110] Palandt/Weidlich, § 2028 Rn 1.

3. Auskunftsschuldner

 

Rz. 109

Jeder, der sich zur Zeit des Erbfalls mit dem Erblasser in häuslicher Gemeinschaft befunden hat, ist auskunftspflichtig. Dabei braucht der Hausgenosse nicht in den Nachlass eingegriffen zu haben.

Eine für jede Situation anwendbare Definition der "häuslichen Gemeinschaft" ist nicht möglich. Die konkrete räumliche und persönliche Beziehung ist im Einzelfall zu würdigen. Ein vollständiges Zusammenleben unter einem Dach ist nicht erforderlich.

4. Inhalt der Auskunft

a) Erbschaftliche Geschäfte

 

Rz. 110

Der Hausgenosse hat Auskunft darüber zu erteilen, welche erbschaftlichen Geschäfte er geführt hat. Darunter fällt jedes Tätigwerden mit Bezug auf den Nachlass.[111]

Hat der Hausgenosse als Beauftragter oder Geschäftsführer ohne Auftrag gehandelt, so kann auch eine Auskunftspflicht nach § 666 BGB und eine Herausgabepflicht nach §§ 681, 667 BGB in Betracht kommen.

[111] BGHZ 38, 270, 275.

b) Verbleib von Erbschaftsgegenständen

 

Rz. 111

Nicht nur über den körperlichen Verbleib, sondern auch über den wirtschaftlichen Verbleib von Nachlassgegenständen ist Auskunft zu erteilen, d.h. auch darüber, ob und welcher Wertersatz für die verschwundenen Gegenstände in den Nachlass gelangt ist.

Über den strengen Wortlaut des § 2028 BGB hinaus bezieht sich die Auskunftspflicht auch auf solche Gegenstände, die schon vor dem Erbfall beiseite geschafft wurden.[112] Aber die Auskunftspflicht beinhaltet nicht die Pflicht, Nachforschungen über den Verbleib von Erbschaftsgegenständen anzustellen.[113]

Evtl. kann eine Herausgabepflicht nach § 667 BGB bestehen.

[112] RGZ 81, 293, 295, 296.
[113] BGH DB 1964, 1443.

c) Eidesstattliche Versicherung nach § 2028 Abs. 2 BGB

 

Rz. 112

Besteht Grund zur Annahme, die Auskunft sei nicht mit der erforderlichen Sorgfalt erteilt worden, so hat der Auskunftspflichtige die Vollständigkeit der in der Auskunft gemachten Angaben eidesstattlich zu versichern und nicht die Vollständigkeit des "Bestandes" – insofern besteht ein Unterschied zu § 260 Abs. 2 BGB.

Das Verfahren bestimmt sich nach §§ 410 Nr. 1, 413 FamFG.

5. Zwangsweise Durchsetzung der Verurteilung zur Auskunftserteilung

 

Rz. 113

Wird die Auskunft nicht freiwillig erteilt, so ist sie nach § 888 ZPO zu erzwingen. Zuständig ist als Vollstreckungsorgan das Prozessgericht erster Instanz, §§ 888, 887 Abs. 1 ZPO, und zwar der Richter, nicht der Rechtspfleger, § 20 Nr. 17 RPflG. Es besteht Anwaltszwang nach den allgemeinen Regeln.[114]

[114] OLG Nürnberg MDR 1984, 58; Zöller/Stöber, § 888, 887 Rn 4.

6. Checkliste: Auskunftsklage gegen Hausgenossen

 

Rz. 114

Sachliche Zuständigkeit: Amts-/Landgericht
Örtliche Zuständigkeit: §§ 12, 13 ZPO
Kläger: Erbe, bei mehreren Erben auch jeder einzelne nach § 2039 BGB zur Leistung an alle
Beklagter: Person, die mit dem Erblasser in Hausgemeinschaft gelebt hat (weiter Begriff)

Auskunft über

vom Hausgenossen geführte erbschaftliche Geschäfte
Verbleib von Erbschaftsgegenständen
Stufenklage (evtl. Verjährungshemmung)
Versicherung der Richtigkeit an Eides statt? § 2028 Abs. 2 BGB

Evtl. auch Herausgabe der erlangten Nachlassgegenstände (§§ 666, 681, 667 BGB)

Bezeichnung so genau wie möglich (spätere Vollstreckung)
Soweit einzelne Gegenstände bekannt sind, sollten diese schon als Teilanspruch so genau wie möglich bezeichnet werden, damit sie in ein evtl. Teilversäumnisurteil aufgenommen werden können (Kennzeichnung als Teil-Anspruch nicht vergessen)
Weiterbetrieb nach Erledigung der Vorstufen (bei Nichtbetrieb Gefahr des Wegfalls der verjährungshemmenden Wirkung)

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