Rz. 567

Nicht selten werden – auch vor Notaren – "Übertragungsverträge" geschlossen, ohne dass eindeutig gekennzeichnet würde, ob es sich um eine Ausstattung oder um eine Schenkung handelt. Erfolgt eine solche Übertragung "im Wege der vorweggenommenen Erbfolge", so ist durch Auslegung zu ermitteln, ob, falls eine entsprechende ausdrückliche Regelung fehlt, eine Ausgleichung stattzufinden hat oder nicht. Ergeben sich dafür keine Anhaltspunkte, so wird i.d.R. eine Ausgleichungspflicht anzunehmen sein, weil diese Teil der gesetzlichen Erbteilungsregeln ist.[563]

BGH:[564]

Zitat

1. Erfolgt eine Zuwendung "im Wege vorweggenommener Erbfolge unentgeltlich", ist für die Pflichtteilsberechnung im Auslegungsweg zu ermitteln, ob der Erblasser damit eine Ausgleichung gemäß §§ 2316 Abs. 1, 2050 Abs. 3 BGB, eine Anrechnung gemäß § 2315 Abs. 1 BGB oder kumulativ Ausgleichung und Anrechnung gemäß § 2316 Abs. 4 BGB anordnen wollte.

2. Ausschlaggebend für den Willen des Erblassers ist, ob mit seiner Zuwendung zugleich auch eine Enterbung des Empfängers mit bloßer Pflichtteilsberechtigung festgelegt (Anrechnung) oder aber nur klargestellt werden sollte, dass der Empfänger lediglich zeitlich vorgezogen bedacht wird, es im Übrigen aber bei den rechtlichen Wirkungen einer Zuwendung im Erbfall verbleiben soll (Ausgleichung).

3. Genügen Erben im Rahmen ihrer Darlegungs- und Beweislast – soweit ihnen möglich – konkret zum Wert der Zuwendung vorzutragen, obliegt es dem Pflichtteilsberechtigten im Rahmen der ihn treffenden Auskunftspflichten diesem Vorbringen seinerseits substantiiert zu entgegnen.

[563] BGH FamRZ 1989, 175 m. Anm. Musielak; BGH NJW 1982, 43 = BGHZ 82, 274, 275; Letztere ist zur Problematik des § 2287 BGB ergangen.
[564] BGH, Urt. v. 27.1.2010 – IV ZR 91/09 –, FamRZ 2010, 640 = NJW 2010, 3023 = ZErb 2010, 144 = ZEV 2010, 190.

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