Rz. 539

In den Fällen, in denen der Erblasser einzelnen Erben Nachlassgegenstände zuweist, deren Wert über dem Gesamtwert der von ihm für den jeweiligen Miterben bestimmten Zuteilungsquote am Gesamtnachlass liegt, ist die Frage zu beantworten, ob es sich dabei um ein Vorausvermächtnis oder eine Teilungsanordnung handelt. In erster Linie kommt es darauf an, ob der Erblasser dem Begünstigten den Mehrwert zusätzlich zu seinem Erbteil zuwenden wollte – dann handelt es sich bezüglich des Mehrwerts um ein Vorausvermächtnis – oder ob eine entsprechende Zuwendung ausgeschlossen werden konnte – dann spricht vieles für eine Teilungsanordnung.[519] Der "überquotal" Begünstigte hat im Falle der Annahme einer Teilungsanordnung den ihm nicht gebührenden Mehrwert wieder auszugleichen. Ist er dazu nicht bereit, so ist die Teilungsanordnung unbeachtlich.[520]

 

Rz. 540

Wertermittlungsanspruch bei "überquotaler" Teilungsanordnung: Das Landgericht Nürnberg-Fürth[521] hat einen für die Praxis nicht unbedeutenden Wertermittlungsanspruch bei einer vom Erblasser verfügten sog. "überquotalen" Teilungsanordnung zugesprochen.

Folgender Sachverhalt lag der Entscheidung zu Grunde: Der verwitwete Vater hinterließ zwei Söhne, A und B, die er in einem notariellen Testament je hälftig zu seinen Erben eingesetzt hat. Darüber hinaus wies er im Wege einer Teilungsanordnung dem Sohn A ein Appartement und dem Sohn B eine Eigentumswohnung zu. Über einen Wertausgleich sagt das Testament nichts aus. Nach dem Erbfall haben die beiden Söhne gemäß der verfügten Teilungsanordnung einen Teilnachlassauseinandersetzungsvertrag geschlossen, d.h. auf A wurde das Appartement, auf B die Eigentumswohnung übertragen.

A verlangt nunmehr von B Wertausgleich und hat deshalb gegen B eine Stufenklage des Inhalts erhoben, dass der Wert der auf B übertragenen Eigentumswohnung durch Vorlage eines Gutachtens eines öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen ermittelt wird und derjenige Miterbe, der den höherwertigen Gegenstand erhalten hat, die Hälfte der Wertdifferenz an den anderen auszugleichen hat.

Die Klage war beim Landgericht in der Auskunftsstufe erfolgreich.

Der Erblasser kann auch den Wert, der der Berechnung des Ausgleichsbetrags zugrunde gelegt werden soll, testamentarisch bestimmen.[522]

[520] Zur Problematik Siegmann, ZEV 1996, 47 ff.
[521] LG Nürnberg-Fürth NJWE-FER 2000, 261 = ZErb 2001, 5 mit Anm. Krug.

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