Rz. 225

Bei Notverwaltungsmaßnahmen hat jeder Miterbe ein Alleinverwaltungsrecht (Notgeschäftsführung, § 2038 Abs. 1 S. 2 a.E. BGB). Ihnen unterfallen nur Maßnahmen der ordnungsmäßigen Verwaltung. Sie sind zulässig bei bedeutsamen Maßnahmen in Dringlichkeitsfällen, wenn die Stellungnahme bzw. Zustimmung der anderen Miterben nicht mehr eingeholt werden kann.

Im Falle der Notgeschäftsführung ist der betreffende Erbe auch zur Alleinverfügung über einzelne Nachlassgegenstände berechtigt.[229]

 

Rz. 226

 

Beispiel

Verstopfung des Abwassersystems im Wohnhaus der Erbengemeinschaft. Ein Miterbe kann die erforderlichen Reparaturaufträge erteilen. Und auch aus Nachlassmitteln die Werklohnforderung erfüllen (Verfügungsgeschäft).

Steht ein Geschäftsanteil an einer GmbH einer Erbengemeinschaft zu, so kann jeder Miterbe gemäß § 2038 Abs. 1 S. 2 Hs. 2 BGB ohne Mitwirkung der anderen Anfechtungsklage gegen einen Gesellschafterbeschluss erheben.[230]

Dazu der BGH:[231]

Zitat

"Nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB kann indessen jeder Miterbe notwendige Erhaltungsmaßnahmen ohne Mitwirkung der anderen treffen. Dazu kann auch die Erhebung einer Klage gehören, wenn nur durch sie ein zum Nachlaß gehöriges Recht erhalten werden kann (BGHZ 94, 117, 120 f. m. w. Nachw.). Diese Voraussetzung ist bei einer gesellschaftlichen Anfechtungsklage erfüllt; denn nur durch deren rechtzeitige Erhebung kann die Wirksamkeit eines rechtswidrigen Beschlusses beseitigt werden. (MüKo/K. Schmidt 2. Aufl. §§ 744, 745 Rn 8; vgl. auch BVerwG NJW 1965, 1546 f. für die Klage gegen eine Maßnahme der Flurbereinigungsbehörde). In einem solchen Fall steht dem allein klagenden Miterben eine gesetzliche Prozeßführungsbefugnis zu; § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB geht der Regelung in § 2040 BGB, wonach die Erben über einen Nachlaßgegenstand nur gemeinschaftlich verfügen können, vor. Das Senatsurteil vom 14.12.1967 (BGHZ 49,183, 192; vgl. demgegenüber BGHZ 56,47, 50 f.) steht dem nicht entgegen; dort ging es um die Frage, ob ein Mehrheitsbeschluß der Erben von der Mehrheit mit Außenwirkung ausgeführt werden kann."

 

Rz. 227

Maßgebend ist eine objektive Betrachtung aus der Sicht eines vernünftig und wirtschaftlich denkenden Beobachters zur Zeit der Vornahme der Handlung. Auch die Wahrnehmung von Rechtsschutzverfahren gehört zum Kreis der möglichen notwendigen Verwaltungsmaßnahmen,[232] ebenso wie die Einschaltung eines Prozessfinanzierers, wenn die Klageerhebung dem klagenden Miterben sonst nicht zumutbar war.[233]

[229] BGHZ 108, 21, 30 = NJW 1989, 2694, 2697; MüKo/Gergen, § 2038 Rn 62.
[230] BGHZ 108, 21 = NJW 1989, 2694; OLG Nürnberg, Urt. v. 11.6.2008 – 12 U 1646/07, ZEV 2008, 604 = Erbrecht effektiv 2009, 41.
[231] BGHZ 108, 21, 30/31.
[232] BGH NJW-RR 1995, 705.
[233] Siehe die Aufzählung bei MüKo/Ann, § 2038 Rn 59.

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