Rz. 186
Um alle Erfordernisse eines gutgläubigen Erwerbs zu erfüllen, muss der Erwerber des streitbefangenen Grundstücks, wenn er tatsächlich vom Nichtberechtigten erwirbt, in zweierlei Hinsicht gutgläubig sein:
▪ | Zum einen gelingt der gutgläubige Erwerb nur, wenn der Erwerber nach den materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 892 BGB bezüglich der Eigentümerposition des Veräußerers gutgläubig ist; |
▪ | zum anderen muss der Erwerber – dies ergibt sich aus § 325 Abs. 2 ZPO – zusätzlich auch bezüglich einer vermeintlich nicht vorhandenen Rechtshängigkeit des Eigentumsrechts gutgläubig sein.[171] Damit erhöht § 325 Abs. 2 ZPO die Hürde für einen gutgläubigen Erwerb einer streitbefangenen Sache. |
aa) Entsprechende Anwendung der Gutglaubensvorschriften auf die Rechtshängigkeit
Rz. 187
Da § 325 Abs. 2 ZPO auf die Gutglaubensvorschriften des BGB verweist, kann gutgläubiger Erwerb nur stattfinden, wenn auch das materielle Recht diese Möglichkeit kennt. Dies ist beim Grundstückseigentum unproblematisch, da § 892 BGB die Voraussetzungen eines gutgläubigen Erwerbs exakt regelt.
§ 325 Abs. 2 ZPO regelt nur den Erwerb vom Nichtberechtigten für den Fall, dass das Urteil dem nichtberechtigten Rechtsvorgänger das Eigentumsrecht aberkennt.[172] Der Erwerber soll geschützt werden, wenn er von dem Rechtsstreit nichts wusste.
Mit der Verweisung auf die materiell-rechtlichen Gutglaubensvorschriften wird auch klargestellt, dass nur die positive Kenntnis von der Rechtshängigkeit schadet, nicht auch die grob fahrlässige Unkenntnis.
Dabei ist aber der Grundsatz des Grundbuchrechts von Bedeutung, wonach jeder Eintrag Rechtswirkungen erzeugt, gleichgültig, ob Beteiligte davon Kenntnis haben oder nicht.
bb) Die Zerstörung des guten Glaubens eines potenziellen Erwerbers
Rz. 188
War der Erwerber im Hinblick auf die materiell-rechtliche Eigentümerposition bösgläubig, aber gutgläubig im Hinblick auf die Rechtshängigkeit, so kann der materiell-rechtliche Erwerb nicht eintreten. Seine teilweise Gutgläubigkeit nützt dem Erwerber also nichts.[173]
War der Erwerber jedoch bezüglich der materiell-rechtlichen Eigentümerposition gutgläubig, aber bezüglich der Rechtshängigkeit bösgläubig, so erstreckt sich die Rechtskraft des die Eigentümerposition aberkennenden Urteils auf ihn, und er kann sich nicht auf die Gutgläubigkeit bezüglich des Eigentums berufen.[174]
Weil Gutglaubenswirkungen bei Grundstücken und ihre Entkräftung in erster Linie an Grundbucheintragungen anknüpfen, muss die Tatsache der Rechtshängigkeit und die Rechtsfolge der Rechtskrafterstreckung durch Grundbucheintrag verlautbart werden können. Denn ein entsprechender Eintrag im Grundbuch würde auch den gutgläubigen Erwerb eines Redlichen verhindern, der von der Rechtshängigkeit nichts weiß.
cc) Eintragungsfähigkeit der Rechtshängigkeit
Rz. 189
Die Eintragung eines solchen Vermerks, der auf die eingetretene Rechtshängigkeit hinweist, ist im Gesetz nicht vorgesehen, seine Zulässigkeit jedoch inzwischen allgemein anerkannt.[175]
dd) Formale Eintragungsvoraussetzungen
Rz. 190
Wenn es aber nur auf die Tatsache der Rechtshängigkeit ankommt, dann muss für die Eintragung des Rechtshängigkeitsvermerks der Nachweis der Rechtshängigkeit ausreichen. Und – das Entscheidende – seine Eintragung setzt nicht voraus, dass das Bestehen des im Prozess geltend gemachten Anspruchs glaubhaft gemacht wird, sondern nur den Nachweis der Rechtshängigkeit einer Klage mit einem bestimmten, auf Grundbuchberichtigung gerichteten Antrag.
Demgegenüber erfordern Widerspruch und Vormerkung nicht die Anhängigkeit oder gar Rechtshängigkeit einer Klage im Hauptprozess, sondern lediglich den erfolgreichen Abschluss eines Verfahrens des vorläufigen Rechtsschutzes.
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