Rz. 244

Der Wortlaut des § 2040 Abs. 1 BGB mit seinem Erfordernis der ausschließlichen Einstimmigkeit könnte einen Widerspruch zu § 2038 BGB mit seinen drei Abstufungen vermuten lassen. Bestünde zwischen § 2040 BGB und § 2038 BGB tatsächlich ein Widerspruch, so würde § 2038 BGB in den Fällen der ordnungsmäßigen Verwaltung und der Notverwaltung leerlaufen, wenn die betreffende Verwaltungsmaßnahme gleichzeitig eine Verfügung beinhalten würde. Zumindest bei der Notverwaltungsmaßnahme muss der Handelnde für die anderen Miterben verfügen können, weil die Notgeschäftsführung anders nicht praktiziert werden könnte. Der handelnde Miterbe hat ein gesetzliches Vertretungsrecht für die anderen.[257]

 

Rz. 245

Bei der ordnungsmäßigen Verwaltung verlangt der BGH wohl noch immer Einstimmigkeit bei der Verfügungshandlung, obwohl er sich entgegen seiner früheren Rechtsprechung jetzt der neueren Literatur angenähert haben dürfte, die keine Einstimmigkeit mehr für die Verfügung vorsieht. Der BGH hat im Urt. v. 28.4.2006[258] einen Mittelweg gefunden, indem er die Miterbenmehrheit Verfügungen über Nachlassgegenstände vornehmen lässt, sofern dadurch die berechtigten Interessen der anderen Miterben nicht beeinträchtigt werden. Einen völligen Gleichlauf zwischen Verwaltungs- und Verfügungsbefugnis der Miterben hat der BGH allerdings noch nicht angenommen. Die neuere Literatur ist der Ansicht, dass ein Mehrheitsbeschluss für das Verfügungsrecht der handelnden Miterben genügen muss, weil andernfalls die Mehrheitsregelung des § 2038 Abs. 1 BGB leerliefe.[259] Nach der älteren Rspr. des BGH sollten die nicht zustimmenden Miterben in jedem Fall auf Zustimmung verklagt werden.

Dazu der BGH:[260]

Zitat

".(…) Die Klägerin zu 1 durfte die Klage jedoch trotz der Bestimmung in § 18 Abs. 1 GmbHG allein erheben. Eine solche Befugnis ergibt sich freilich nicht aus § 2039 Satz 1 BGB. Danach kann ein Miterbe einen zum Nachlass gehörigen Anspruch allein geltend machen und Leistungen an alle Erben verlangen. Die Ausübung von Gestaltungsmöglichkeiten gehört aber nicht zu den Ansprüchen i.S. dieser Vorschrift (vgl. MüKo/Dütz § 2039 Rn 9 m. w. Nachw.). Die Anfechtung eines Gesellschafterbeschlusses ist ein solches Gestaltungsrecht. Nach § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB kann indessen jeder Miterbe notwendige Erhaltungsmaßnahmen ohne Mitwirkung der anderen treffen. Dazu kann auch die Erhebung einer Klage gehören, wenn nur durch sie ein zum Nachlaß gehöriges Recht erhalten werden kann (BGHZ 94, 117, 120 f. m. w. Nachw.). Diese Voraussetzung ist bei einer gesellschaftlichen Anfechtungsklage erfüllt; denn nur durch deren rechtzeitige Erhebung kann die Wirksamkeit eines rechtswidrigen Beschlusses beseitigt werden. (MüKo/K. Schmidt 2. Aufl. §§ 744, 745 Rn 8; vgl. auch BVerwG NJW 1965, 1546 f. für die Klage gegen eine Maßnahme der Flurbereinigungsbehörde). In einem solchen Fall steht dem allein klagenden Miterben eine gesetzliche Prozeßführungsbefugnis zu; § 2038 Abs. 1 Satz 2 Halbs. 2 BGB geht der Regelung in § 2040 BGB, wonach die Erben über einen Nachlaßgegenstand nur gemeinschaftlich verfügen können, vor. Das Senatsurteil vom 14.12.1967 (BGHZ 49, 183, 192; vgl. demgegenüber BGHZ 56, 47, 50 f.) steht dem nicht entgegen; dort ging es um die Frage, ob ein Mehrheitsbeschluß der Erben von der Mehrheit mit Außenwirkung ausgeführt werden kann."

[257] Löhnig, ErbR 2007, 50; arg. aus § 2038 Abs. 1 S. 2 BGB a.E.
[258] BGH FamRZ 2006, 1026 = ZEV 2006, 358 = NJW 2007, 150 = MittBayNot 2007, 131.
[259] Vgl. BGHZ 108, 21, 30/31 = NJW 1989, 2694, 2697 = FamRZ 1989, 963 entgegen früher BGHZ 38, 122, 124; BGHZ 56, 47, 50; aber auch wie neuere BGH-Rspr.: Soergel/Wolf, § 2040 Rn 1; Ebenroth, Rn 765; Jauernig/Stürner, § 2040 Anm. 3; Palandt/Weidlich, § 2038 Rn 2; MüKo/Gergen, § 2038 Rn 53.
[260] BGHZ 108, 21, 30/31.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge