Rz. 17

Neben den besonderen erbrechtlichen Auskunftsansprüchen sind auch die allgemeinen Auskunftsansprüche des Zivilrechts für das Erbrecht von Bedeutung.[29]

 

Rz. 18

Der wohl wichtigste gesetzliche Auskunftsanspruch, der auch unmittelbare Geltung im Erbrecht hat, ist in § 666 BGB geregelt: Der Beauftragte ist u.a. verpflichtet, über den Stand des Geschäfts Auskunft zu erteilen und nach der Ausführung des Auftrags Rechenschaft abzulegen. Verweisungen auf diese "Mustervorschrift" finden sich für Rechtsverhältnisse mit Auftragscharakter; für Miterben sind insbesondere folgende Fälle von Bedeutung:

Auskunftsansprüche der Miterben gegen denjenigen Miterben, der im Rahmen seines Notverwaltungsrechts nach § 2038 Abs. 1 BGB Verwaltungsmaßnahmen für den Nachlass getroffen hat;
Auskunftsrechte der Erben gegen den Testamentsvollstrecker, § 2218 BGB;
Auskunftsrechte der Miterben gegenüber einem einzelnen Miterben, der vom Erblasser beauftragt war und gem. § 666 BGB anstelle gegenüber dem Erblasser nunmehr gegenüber den anderen Miterben zur Rechenschaft verpflichtet ist.[30]

Weiter von Bedeutung ist der Anspruch

auf Besichtigung einer Sache nach § 809 BGB,
auf Einsicht in eine Urkunde nach § 810 BGB,
der prozessuale Anspruch auf Vorlegung einer Urkunde durch den Prozessgegner nach §§ 421 ff. ZPO und
die prozessuale Pflicht einer Partei oder eines Dritten zur Vorlegung einer Urkunde oder sonstiger Unterlagen nach § 142 ZPO.
 

Rz. 19

Bei etwaigen Ansprüchen nach § 666 BGB ist vorher jedoch zu prüfen, ob überhaupt ein vertragliches Auftragsverhältnis mit Rechtsbindungswillen vorgelegen hat. Die Rechtsprechung verneint nicht selten bei nahen Angehörigen einen solchen Rechtsbindungswillen und nimmt gerade im Zusammenhang mit der Erledigung von Bankgeschäften lediglich ein Gefälligkeitsverhältnis an. Entscheidend für die Frage, ob eine Kontovollmacht mit Rechtsbindungswillen erteilt wird, ist, ob anhand objektiver Kriterien festgestellt werden kann, dass sich die Parteien rechtsgeschäftlich binden wollten.[31] Insoweit ist zu berücksichtigen, ob die Erteilung einer Kontovollmacht aufgrund eines besonderen Vertrauensverhältnisses erfolgt. Im Rahmen eines solchen besonderen Vertrauensverhältnisses – bspw. unter Eheleuten oder auch nichtehelichen Lebenspartnern – wird i.d.R. keine Auskunft oder Rechenschaft verlangt. Der andere soll grundsätzlich nicht im Nachhinein dem einseitigen Risiko ausgesetzt werden, Ausgaben genauer anzugeben und zu belegen.[32] Es müssen vielmehr objektive Kriterien hinzutreten, die den Rückschluss auf einen rechtsgeschäftlichen Bindungswillen zulassen.[33]

 

Rz. 20

Im Zusammenhang mit Auskunftsansprüchen nach § 666 BGB bei bestehender Bankvollmacht wird nicht selten zu Lebzeiten des Erblassers vom Bevollmächtigten behauptet, vom Bankkonto abgehobene Beträge habe der Erblasser dem Bevollmächtigten geschenkt. Für einen solchen Schenkungsvorgang trägt der angeblich Beschenkte die Beweislast. Denn das bloße Vorhandensein einer Bankvollmacht besagt nichts darüber, welche Rechtshandlungen der Bevollmächtigte im Verhältnis zum Vollmachtgeber vornehmen darf. Die Vollmacht betrifft nur das Verhältnis zu den Banken und damit die Möglichkeit für den Bevollmächtigten, nach außen wirksam den Vollmachtgeber verpflichtende oder begünstigende Bankgeschäfte vorzunehmen. Unter diesen Umständen kommt die Feststellung, dass die Abhebung durch den Bevollmächtigten den Vollzug einer Schenkung darstellte, nur in Betracht, wenn sich der Bezug zu einem solchen Rechtsgeschäft aus anderen Umständen ergibt. Es muss der Schluss möglich sein, die Abhebung vollziehe eine schenkweise versprochene Zuwendung mit Wissen und Wollen des Vollmachtgebers.[34]

 

Rz. 21

Die Rechtsprechung hat lange Zeit erbrechtliche Auskunftsansprüche außerhalb der positivrechtlich genannten Anspruchsgrundlagen verneint. Erst in den 70er Jahren hat der BGH im Interesse der Sicherung der Rechte des Erben – gestützt auf § 242 BGB – die Auskunftsrechte erweitert. Die neuere Rechtsprechung nimmt zwar ihren Ausgang bei den unten genannten Einzelvorschriften des Erbrechts, hat über sie hinausgehend das Auskunftsrecht in erbrechtlichen Beziehungen jedoch inzwischen auf die breitere Grundlage des aus § 242 BGB entwickelten allgemeinen Auskunftsanspruchs gestellt. Unter dessen Heranziehung wird dem Berechtigten eines auf Herausgabe oder sonstige Leistung gerichteten erbrechtlichen Anspruchs ein Auskunftsrecht dann allgemein zugebilligt, wenn zwischen ihm und dem auf Auskunft in Anspruch Genommenen ein Rechtsverhältnis besteht und der die Auskunft Begehrende in entschuldbarer Weise über das Bestehen oder den Umfang seines etwaigen Anspruchs im Ungewissen, der Anspruchsgegner aber in der Lage ist, die gewünschte Auskunft unschwer zu erteilen.

Der Anspruch (auf der Grundlage von § 242 BGB) ist daher ausgeschlossen, wenn der Berechtigte sich aus ihm zugänglichen Unterlagen selbst informieren kann.[35]

[29] Vgl. zu erbrechtlichen Auskunftsansprüchen, Register- und Akte...

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