Rz. 1

Es ist die herausfordernde Aufgabe des Rechtsanwalts, den Sachverhalt zu ermitteln, auf dessen Grundlage Ansprüche geprüft werden sollen. Dies gilt besonders bei einem vermuteten Vollmachtsmissbrauch, weil Unterlagen nicht oder nur sehr bruchstückhaft vorhanden sind. Gerade Erben ohne besondere Nähe zum Erblasser haben hier regelmäßig ein großes Problem.

Informationen, die notfalls auch vor Gericht Bestand haben, werden den Gläubigern in den seltensten Fällen frei Haus geliefert, so dass man mit detektivischem Gespür Auskünften aus verschiedenen Quellen nachgehen muss. Gerade "verdächtige" Bevollmächtigte sind nicht geneigt, sich über Verfügungen so zu erklären, dass sich daraus ein klares Bild von ihrem Handeln ergibt.

 

Tipp zur Vorbeugung

Eine Regelung des Innenverhältnisses zwischen Vollmachtgeber und Bevollmächtigtem ist wertlos, wenn es nach dem Tod des Vollmachtgebers unauffindbar ist. Ein Bevollmächtigter hat typischerweise jederzeit Zugang zur Wohnung und zu den Unterlagen des Vollmachtgebers und ist also auch in der Lage, das Original der Vereinbarung, das seinem Handeln Grenzen setzt, verschwinden zu lassen. Daher sollten vorsichtige Vollmachtgeber zumindest eine beglaubigte Kopie bei einer dritten Person/Stelle hinterlegt haben.

 

Rz. 2

Neben tatsächlichen Schwierigkeiten ist auch die Rechtslage alles andere als übersichtlich, zumal das Auskunfts- und Informationsrecht im Zivilrecht nicht sehr systematisch geregelt ist, ein allgemeines Auskunftsrecht besteht nicht.[1]

Im Folgenden werden neben den rechtlichen auch die tatsächlichen Möglichkeiten der Informationsgewinnung aufgezeigt, wobei der Inanspruchnahme des Bevollmächtigten zentrale Bedeutung zukommt. Andererseits sollen auch Verteidigungsstrategien gegen unberechtigt erhobene Auskunftsansprüche aufgezeigt werden.

 

Rz. 3

Die Chancen, mit eingeforderten Informationsrechten Zahlungs- bzw. Herausgabeansprüche zu realisieren, werden oft überschätzt. Umso wichtiger ist es für den Rechtsanwalt, hier genau zu arbeiten, dem Mandanten aber gleichzeitig klarzumachen, dass sich möglicherweise nicht jede Unregelmäßigkeit aufklären lässt.

[1] Auch der generelle Rückgriff auf § 242 BGB hilft frustrierten Anspruchstellern nicht weiter. Die Grundsätze von Treu und Glauben sind nach gefestigter Rechtsprechung nur anwendbar, wenn die zwischen den Parteien bestehenden Rechtsverhältnisse es mit sich bringen, dass der Berechtigte schuldlos unwissend ist und der Verpflichtete die Auskunft unschwer erteilen kann, vgl. Grüneberg/Grüneberg, § 261 Rn 8. Dies kommt in der Praxis der Vollmachtsfälle fast nie vor.

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