a) Schlechtleistung

 

Rz. 9

§ 280 Abs. 1 BGB begründet einen Schadensersatzanspruch in folgenden Beispielsfällen einer fehlerhaften Rechtsberatung:

 

Beispiele

Ein Mandant befragt einen Rechtsanwalt, ob eine verhältnismäßig geringfügige restliche Kaufpreisforderung für ein Grundstück verjährt sei. Der Rechtsanwalt bejaht dies zu Unrecht. Der Verkäufer tritt vom Kaufvertrag wegen Verzuges mit der Kaufpreiszahlung zurück. Der Mandant wird zur Rückübereignung des Grundstücks, dessen Wert den Kaufpreis übersteigt, rechtskräftig verurteilt.

Infolge fehlerhafter steuerlicher Beratung durch einen Rechtsanwalt, Steuerberater oder Wirtschaftsprüfer, z.B. über USt,[9] zur Vermeidung einer verdeckten Gewinnausschüttung[10] oder Aufdeckung stiller Reserven,[11] erleidet der Mandant einen Steuerschaden, der bei richtiger Beratung nicht entstanden wäre.

Wegen mangelhafter Beratung über eine steuersparende Vermögensanlage treten die erstrebten Steuervorteile nicht ein.

[9] Vgl. BGH, WM 1994, 602; BGHZ 134, 212 = WM 1997, 335.

b) Verletzung einer leistungsbezogenen vertraglichen Nebenpflicht

 

Rz. 10

Der Mandant kann einen Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB gegen einen Rechtsberater wegen schuldhafter Verletzung einer leistungsbezogenen vertraglichen Nebenpflicht, die nach ihrem Zweck unmittelbar der ordnungsmäßigen Erfüllung des Schuldverhältnisses dient, etwa in folgenden Fällen erwerben:

 

Beispiele

Ein Rechtsanwalt, der einen Restitutionsanspruch nach dem Vermögensgesetz wegen Rentenforderungen durchsetzen soll, teilt dem Mandanten nicht mit, dass dieser einen solchen Anspruch auch wegen Grund- und Aktienvermögens haben kann und die dafür bestehende Ausschlussfrist abzulaufen droht.[12]

Ein Steuerberater, der die allgemeinen Steuerangelegenheiten seines Auftraggebers betreut, unterrichtet diesen nicht darüber, dass das steuerliche Konzept eines anderen Steuerberaters, das im Auftrag desselben Mandanten für ein bestimmtes Vorhaben erstellt wurde, Mängel aufweist.[13]

[12] Vgl. BGH, WM 1998, 2246, 2247.
[13] Vgl. BGH, WM 2000, 1591, 1593; BGH, WM 2001, 1868, 1869.

c) Verletzung einer nicht leistungsbezogenen Neben-(Schutz-)pflicht

 

Rz. 11

Hier lassen sich folgende Beispiele nennen:

 

Beispiele

Ein Rechtsanwalt oder Steuerberater erfüllt seine vertragliche Hauptpflicht zur Rechtsbetreuung seines Mandanten einwandfrei, hält seine Kanzleiräume aber in schlechtem Zustand. Als der Mandant dort zu einer Besprechung erscheint, kommt er auf brüchigem Boden oder Unrat zu Fall und bricht sich ein Bein.

Ein Rechtsberater übermittelt seine richtigen Ratschläge dem Mandanten in beleidigender Weise.

d) Verschulden vor oder bei Vertragsschluss

 

Rz. 12

Ein Schadensersatzanspruch aus § 280 Abs. 1 BGB kann sich auch ergeben wegen eines Verschuldens vor oder bei Vertragsschluss ("culpa in contrahendo"), also wegen einer schuldhaften Pflichtverletzung in einem Schuldverhältnis der Vertragsverhandlungen (§ 311 Abs. 2 BGB).[14]

 

Beispiele

Ein Rechtsanwalt oder Steuerberater will ein Mandatsangebot, z.B. zur Erhebung einer Klage gegen die Kündigung eines Arbeitsverhältnisses oder zur Anfechtung eines Steuerbescheides, nicht annehmen. Entgegen § 44 BRAO, § 63 StBerG versäumt der Rechtsberater schuldhaft, das Angebot ggü. dem Antragenden unverzüglich abzulehnen. Dadurch entsteht diesem ein Schaden, weil die ursprüngliche Erfolgsaussicht der beabsichtigten Rechtsverfolgung inzwischen wegen Fristversäumung (§ 4 KSchG, § 47 FGO) entfallen ist.

Ein Rechtsuchender, der einem Rechtsberater ein Mandat erteilen will, verletzt sich in dessen baufälligen oder unsauberen Kanzleiräumen.

[14] Entwurfsbegründung eines Gesetzes zur Modernisierung des Schuldrechts v. 11.5.2001 (BT-Drucks 14/6040), S. 373 ff.; zu den Rechtsfolgen einer solchen Haftung: Soergel/Harke, BGB, § 311 Rn 104 ff.; Erman/Kindl, BGB, § 311 Rn 28.

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