Rz. 54
Die Konsultationsverpflichtung aus § 17 Abs. 2 KSchG bezieht sich nach ihrem Wortlaut auf die Arbeitnehmervertretung der privaten Wirtschaft, den Betriebsrat. Dabei ist grundsätzlich der örtliche Betriebsrat zu beteiligen. Wird eine geplante Massenentlassung allerdings auf der Grundlage eines unternehmenseinheitlichen Konzepts durchgeführt und sind mehrere Betriebe betroffen, so dass die Verteilungsfrage betriebsübergreifend beantwortet werden muss, ist gem. § 50 Abs. 1 BetrVG der Gesamtbetriebsrat für den Abschluss des Interessenausgleichs und damit auch für das Konsultationsverfahren zuständig.[122] Diese Zuständigkeit umfasst gemäß § 50 Abs. 1, 2. Hs. BetrVG auch betriebsratslose Betriebe. Die gesetzliche Zuständigkeitsverteilung innerhalb der Betriebsverfassung ist grundsätzlich zwingend.[123] Die Durchführung eines Konsultationsverfahrens mit der unzuständigen Arbeitnehmervertretung führt deshalb zur Unwirksamkeit der Kündigung.[124]
Rz. 55
Hinweis
Nach überwiegender Auffassung kann ein Gesamtbetriebsrat auch in Unternehmen mit Sitz im Ausland gebildet werden, wenn in den deutschen Betrieben Betriebsräte gewählt worden sind.[125] Ein Mitbestimmungsdefizit bei Massenentlassungen kann deshalb auch in internationalen Unternehmen vermieden werden.
Rz. 56
Ob und unter welchen Voraussetzungen das Konsultationsverfahren in die Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats fallen kann, ist bislang nicht geklärt.[126] Die überwiegende Auffassung in der Literatur geht davon aus, dass die für die Interessenausgleichsverfahren gemäß § 111 ff. BetrVG originär zuständige Arbeitnehmervertretung auch die Zuständigkeit für die Durchführung des Konsultationsverfahrens besitzt, so dass bei unternehmensübergreifend beabsichtigten Entlassungen im Konzern die Konsultation mit dem Konzernbetriebsrat durchzuführen sei.[127] Diese Auffassung ist allerdings keineswegs unumstritten. Die Pflicht zur Durchführung des Konsultationsverfahrens nach § 17 Abs. 2 S. 1 KSchG trifft ausschließlich den jeweiligen Vertragsarbeitgeber[128] und entsteht erst, wenn feststeht, welche Konzerngesellschaft von den Entlassungen betroffen sein wird;[129] sie bezieht sich inhaltlich nur auf die von dem jeweiligen Vertragsarbeitgeber durchzuführenden Entlassungen und kann insoweit keine konzernweit einheitliche Behandlung i.S.v. § 58 BetrVG erfordern.[130] Da es sich bei den Interessenausgleichsverhandlungen und dem Konsultationsverfahren um zwei rechtlich selbstständige Verfahren handelt,[131] dürfte auch eine Annexkompetenz des Konzernbetriebsrats[132] ausscheiden.[133] Eine originäre Zuständigkeit des Konzernbetriebsrats für das Konsultationsverfahren besteht deshalb nicht.
Rz. 57
Hinweis
Eine Delegation der Zuständigkeit für das Konsultationsverfahren an den Gesamt- oder Konzernbetriebsrat ist allerdings gemäß §§ 50 Abs. 2, 58 Abs. 2 BetrVG zulässig und möglich.[134]
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