Rz. 40

Nach § 156 Abs. 3 FamFG soll das Gericht in Kindschaftssachen, die den Aufenthalt des Kindes, das Umgangsrecht oder die Herausgabe betreffen – also auch in Abänderungsverfahren nach § 1696 Abs. 1 BGB –, mit den Beteiligten in einem Termin (§ 155 Abs. 2 FamFG) eine einvernehmliche Regelung erörtern. Kann diese nicht erreicht werden, so hat das Gericht nach § 156 Abs. 3 FamFG den Erlass einer einstweiligen Anordnung zu erörtern. Aus den §§ 49, 51 Abs. 1 S. 1 FamFG folgt, dass das Gericht von Amts wegen, d.h. auch ohne Antrag, eine einstweilige Anordnung erlassen darf, wenn das Verfahren entweder von Amts wegen eingeleitet wurde oder es zwar auf Antrag eingeleitet wurde, aber auch von Amts wegen hätte aufgenommen werden können. Mithin bedarf der Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen des Abänderungsverfahrens nach § 1696 Abs. 1 BGB keines Antrags.

Gleiches gilt in den Abänderungsverfahren nach § 1696 Abs. 2 BGB, die also vorangegangene kinderschutzrechtliche Maßnahmen nach § 1666 BGB zum Gegenstand haben. Nach der Gesetzesbegründung sind davon auch Verfahren nach § 1632 Abs. 4 BGB umfasst;[127] denn der Entscheidungsmaßstab – Kindeswohlgefährdung – ist derselbe wie in § 1666 BGB.

 

Rz. 41

Besondere Bedeutung gewinnt § 1696 Abs. 1 BGB im Zusammenhang mit der Vollstreckung eines Umgangs- oder Herausgabetitels (siehe dazu eingehend § 6). Zwar baut die Vollstreckung nach §§ 89 ff. FamFG auf der Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen im Erkenntnisverfahren auf. Eine erneute Prüfung der Rechtmäßigkeit der zu vollstreckenden Entscheidung findet daher im Vollstreckungsverfahren nicht statt. Neu hinzutretende Umstände, aufgrund derer eine Vollstreckung aus Kindeswohlgründen nicht mehr verantwortbar ist, können allerdings auf Antrag oder von Amts wegen zur Abänderung des Ausgangstitels und damit zum Wegfall der Vollstreckungsgrundlage führen; außerdem kann im Falle eines solchen Abänderungsantrags – ebenfalls auf Antrag oder amtswegig – die Zwangsvollstreckung nach § 93 Abs. 1 Nr. 4 FamFG einstweilen eingestellt werden.[128] Bei einstweiligen Anordnungen richtet sich die Abänderbarkeit allerdings nach § 54 Abs. 1 FamFG, so dass für die einstweilige Einstellung der Vollstreckung aus einer einstweiligen Anordnung die dann speziellere Norm des § 55 Abs. 1 S. 1 FamFG maßgeblich ist.[129]

[127] Kemper/Schreiber/Völker/Clausius/Wagner, § 156 Rn 5.
[128] Vgl. zum Ganzen BGH FamRZ 2012, 533; vgl. auch OLG Celle ZKJ 2011, 433.
[129] BGH FamRZ 2015, 2147.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge