1. Pflichten

 

Rz. 81

Der nicht befreite Vorerbe hat gem. § 2116 BGB besondere Wertpapiere zu hinterlegen, wenn dies der Nacherbe verlangt. Das Gesetz billigt dem Nacherben in Bezug auf bestimmte Wertpapiere der Erbschaft, die nicht zum Umlaufvermögen des Nachlasses gehören und die wegen ihrer Verkehrsfähigkeit und ihres typischerweise hohen Werts ein besonderes Sicherungsbedürfnis des Nacherben begründen, das Recht zu, den Vorerben in seiner Verfügungsbefugnis unmittelbar zu beschränken, indem er die Hinterlegung der Papiere durchsetzt.[33] Der Vorerbe begeht aber keine Pflichtverletzung i.S.d. § 2128 BGB, wenn er von sich aus nicht tätig wird. Die Wirkung der Hinterlegung besteht in einer unmittelbaren, gegenwärtigen Verfügungsbeschränkung.[34]

 

Rz. 82

Gegenüber der Hinterlegung beim Amtsgericht bildet die Hinterlegung bei einer Bank (Depotvertrag mit Sperrungsabrede nach Maßgabe des § 2116 Abs. 1 S. 1 BGB) vor allem insofern eine sinnvolle Alternative, als Letztere nicht vom relativ schwerfälligen formellen Hinterlegungsrecht erfasst wird.[35]

 

Rz. 83

Der Vorerbe hat ausschließlich folgende Papiere auf Verlangen des Nacherben zu hinterlegen, § 2116 BGB:

Inhaberschuldverschreibungen (z.B. Sparbriefe), §§ 793 ff. BGB;[36]
Inhabergrundschuldbriefe, § 1195 BGB;
Inhaberrentenschuldbriefe, § 1199 BGB;
Inhaberaktien, §§ 10, 278 Abs. 3 AktG, ausdrücklich nicht Aktien;
Erneuerungsscheine, § 805 BGB;
Wechsel, Art. 11, 13, 14 WechselG;
Schecks, Art. 14, 17, 19 ScheckG.

Für den Anspruch des § 2116 BGB reicht es ohne weitere Voraussetzungen aus, dass Inhaberpapiere im Nachlass sind.

[33] Staudinger/Behrends/Avenarius, § 2116 Rn 1.
[34] Staudinger/Behrends/Avenarius, § 2116 Rn 10.
[35] Staudinger/Behrends/Avenarius, § 2116 Rn 6.
[36] Inhaberschuldverschreibung gibt es von Seiten des Bundes, der Länder und öffentlich-rechtlichen Körperschaften. Jahrelang lagen diese Papiere ertragsmäßig über den Pfandbriefen bei dennoch vorhandener Sicherheit. Die Inhaberschuldverschreibung ist die wohl formloseste aller Schuldverschreibungen und deswegen am Markt die vorherrschende Form, z.B. Bundesanleihen. Generell bergen Inhaberschuldverschreibungen als Kapitalanlage das Risiko eines Totalverlustes, insb. dann, wenn diese mit hohen Zinsversprechungen und von privaten Investoren herausgegeben werden. Die Inhaberschuldverschreibungen der öffentlichen Hand und der Banken und Sparkassen bieten als sichere Anlagen einen Zins von etwa 2 bis 3 Prozent (Stand: August 2013).

2. Rechte

 

Rz. 84

Der nicht befreite Vorerbe, der entweder freiwillig oder auch zwangsweise Wertpapiere hinterlegt hat, kann trotzdem in bestimmten Fällen noch über diese Wertpapiere verfügen. Der Nacherbe ist gem. § 2120 BGB verpflichtet, seine Zustimmung zu solchen Verfügungen des Vorerben zu erteilen, die im Rahmen einer ordnungsgemäßen Verwaltung des Nachlasses erforderlich sind. Bei der Prüfung, ob eine Maßnahme die Anforderung an eine ordnungsgemäße Verwaltung nach § 2120 BGB erfüllt, ist ein strenger Maßstab anzulegen.[37]

[37] OLG Düsseldorf NJW-RR 1996, 905, 906.

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