Rz. 9

Ein Bußgeldbescheid, der im Falle einer folgenlosen Missachtung des Rotlichtes ohne nähere Kennzeichnung einer Ampelanlage als Tatort lediglich eine Straße angibt, in der sich mehrere Verkehrsampeln befinden, stellt keine ausreichende Verfahrensgrundlage dar (OLG Hamm VRS 54, 54). Dies gilt ebenso, wenn eine auf einer langen Fahrtstrecke begangene Geschwindigkeitsüberschreitung vorgeworfen wird, ohne den Tatort näher (AG Riesa zfs 2003, 44) bzw. nur fehlerhaft (AG Ratzeburg zfs 2009, 228) einzugrenzen.

 

Rz. 10

Ebenso wenig genügt den Anforderungen ein Bußgeldbescheid, der dem Betroffenen zur Last legt, ein untersagtes Gewerbe ausgeübt zu haben, ohne konkrete Tathandlungen nach Art, Zeit und Ort ihrer Begehung mitzuteilen. Ein solcher Bußgeldbescheid ist deshalb nicht geeignet, Grundlage eines gerichtlichen Bußgeldverfahrens zu sein (OLG Düsseldorf StraFo 1998, 125; zfs 1999, 264; AG Husum NZV 2018, 148). Das gilt ebenso, wenn ein unzutreffender Tattag angegeben ist und der Betroffene nach dem Verstoß nicht angehalten wurde (AG Dillenburg zfs 2010, 652).

 

Rz. 11

Unzureichend ist eine Tat auch dann eingegrenzt, wenn einem Lkw-Fahrer anhand eines Schaublattes eine Geschwindigkeitsüberschreitung nachgewiesen werden soll, der Bußgeldbescheid aber nicht unverwechselbar ausweist, welche von mehreren (wegen verschiedener Fahrtunterbrechungen) möglichen Taten vorgehalten wird und dies auch nicht unter Zuhilfenahme des Akteninhaltes geklärt werden kann (BayObLG NZV 1998, 515), ebenso wenn bei einem Rotlichtverstoß im Bußgeldbescheid (oder Urteil) Tatzeit und Tatort nicht angegeben werden (OLG Düsseldorf zfs 1999, 264).

 

Rz. 12

Selbst wenn der Bußgeldbescheid (oder die Anordnung des Verfalls nach § 29a OWiG) eine Vielzahl von Taten zum Gegenstand hat, müssen die einzelnen Fahrten, konkretisiert durch Fahrzeug, Fahrdatum, Fahrstrecke und Geschwindigkeit bzw. Überladung, im Bußgeldbescheid mitgeteilt werden. Zwar genügt es, als Anlage zum Bußgeldbescheid eine tabellarische Übersicht beizufügen, der bloße Hinweis auf den Akteninhalt genügt jedoch nicht (AG Hamburg DAR 2008, 537).

 

Rz. 13

 

Achtung: Lkw-Fahrtenschreiber

Anhand der bei Lkw-Kontrollen entnommenen Schaublätter können die Beamten häufig – teilweise länger zurückliegende – Verkehrsverstöße des Fahrers nachweisen.

 

Rz. 14

Umstritten ist in solchen Fällen, ob der Bußgeldbescheid die Tat ausreichend konkretisiert, also eine wirksame Verfahrensgrundlage darstellt, und zwar deshalb, weil regelmäßig anstelle des nicht bekannten Tatortes die Kontrollstelle oder der Firmensitz des Halters angegeben wird. Die h.M. hält – gegen etwa von Suhren[1] oder LG Münster (DAR 1995, 303) geäußerte Zweifel – solche Bußgeldbescheide für wirksam (OLG Hamm zfs 1994, 187; BayObLG DAR 1996, 31).

Voraussetzung ist aber in jedem Fall eine zeitlich so genau bestimmte Zuordnung der einzelnen Geschwindigkeitsverstöße, dass ihre prozessrechtliche Individualisierung außer Zweifel steht (BayObLG zfs 1995, 354).

 

Rz. 15

 

Achtung: Keine ausreichende Zuordnung

Eine ausreichende Zuordnung ist z.B. dann nicht gegeben, wenn wegen mehrfacher (nicht verkehrsbedingter) Fahrtunterbrechungen mehrere Taten infrage kommen, der Bußgeldbescheid aber eine längere Zeitspanne als Tatzeit angibt (hier zwischen 11.45 und 14.10 Uhr; BayObLG NZV 1998, 515).

[1] NZV 1992, 271.

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