Rz. 18

Nach Auffassung des BayObLG (NZV 1996, 83) sollte in einem gegen eine zwar namentlich noch nicht bekannte, aber aufgrund des bei den Akten befindlichen Lichtbildes ohne Weiteres identifizierbare Person laufenden Verfahren bereits die Vernehmung des Halters die Verjährung gegen den tatsächlich Verantwortlichen unterbrechen können.

Auf seinen Vorlagebeschluss hin ist der BGH dem vom OLG Düsseldorf (zfs 1995, 316) vertretenen gegenteiligen Standpunkt gefolgt. Zu Recht misst der BGH (NJW 1997, 598) nur solchen Maßnahmen verjährungsunterbrechende Wirkung zu, die sich gegen einen namentlich bereits bekannten Betroffenen richten (so auch OLG Hamm NZV 2000, 178 und OLG Celle VRS 104, 307).

 

Rz. 19

 

Achtung: Fahrerermittlung durch die Polizei

Häufig wird die Polizeidienststelle am Wohnsitz des Halters mit der Ermittlung des Verantwortlichen beauftragt. Üblicherweise vernimmt der Polizeibeamte dann den von ihm als Täter Ermittelten oder er übergibt ihm einen Anhörungsbogen.

Es stellt sich dann oft die Frage, ob bereits die Anordnung der Bußgeldstelle oder erst die Maßnahmen des Polizeibeamten verjährungsunterbrechende Wirkung haben. Da nach der zuvor genannten Rechtsprechung des BGH in einem gegen einen unbekannten Täter laufenden Verfahren die Verjährung nicht unterbrochen werden kann, liegt in dem Auftrag, den Verantwortlichen zu ermitteln und zu vernehmen bzw. ihm die Einleitung eines Ermittlungsverfahren zu eröffnen, keine verjährungsunterbrechende Anordnung (OLG Hamburg NJW 1978, 434; BayObLG bei Rüth, DAR 1985, 248).

Daran fehlt es auch, wenn das Ersuchen dahin geht, "den Fahrzeughalter unter Vorlage des Beweisfotos zum Sachverhalt zu hören", denn es ist nicht klar, ob dieser als Betroffener oder Zeuge gehört werden soll (OLG Hamm NZV 1999, 261).

Anders ist dies zu beurteilen, wenn der Auftrag der Verwaltungsbehörde ausdrücklich dahin lautet, die Vernehmung des namentlich bekannten Betroffenen durchzuführen, dann liegt nämlich in dem Auftrag bereits eine die Verjährung unterbrechende Anordnung (BGH NStZ 1985, 545).

Fehlt dagegen eine solche Anordnung oder war sie nicht verjährungswirksam, hatte die Beauftragung selbst keine verjährungsunterbrechende Wirkung, so dass die Verjährung in der Regel erst mit der Überlassung des Anhörungsbogens, der Eröffnung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens oder der Vernehmung durch den Polizeibeamten unterbrochen wird. Verjährungsunterbrechende Maßnahmen nach § 33 Abs. 1 Nr. 1 OWiG kann die Polizei auch ohne vorausgegangene Anordnung der Bußgeldstelle ergreifen. § 33 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 OWiG verlangt nämlich, anders als die Nummern 3 bis 8, keine Handlung gerade der Verfolgungsbehörde (OLG Hamm VRS 66, 44; OLG Karlsruhe NZV 1994, 291). Es genügt deshalb auch die telefonische Bekanntgabe der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens (OLG Dresden zfs 2005, 572).

 

Rz. 20

 

Achtung: Übergabe des Anhörungsbogens an Dritte

Vor allem dann, wenn sie den Verantwortlichen in einer Firma ermitteln konnten, ihn dort aber nicht antreffen, übergeben Polizeibeamte häufig den Anhörungsbogen an einen anderen Firmenmitarbeiter. In solchen Fällen tritt verjährungsunterbrechende Wirkung nur ein, wenn die Voraussetzungen einer ordnungsgemäßen Ersatzzustellung nach den §§ 178182 ZPO erfüllt sind, was regelmäßig nicht der Fall ist, denn eine solche Ersatzzustellung kann nur an Personen erfolgen, die in den dem Beschuldigten gehörenden Geschäftsräumen beschäftigt sind (§ 178 Abs. 1 S. 2 ZPO; AG Darmstadt zfs 2000, 225; AG Suhl zfs 2006, 353).

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