Rz. 170

 

Fall 2

Sachverhalt wie Fall 1, jedoch ohne Zustimmung des enterbten Ehepartners (EP) auf Einräumung des Bezugsrechts.

Die Ansprüche des EP errechnen sich, da die Zustimmung nicht erteilt wurde, wie folgt:

Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs

 
Endvermögen des Erblassers 100.000,00 EUR
+ Lebensversicherung (§ 1375 Abs. 2 Nr. 1 BGB) 150.000,00 EUR
./. Anfangsvermögen 0,00 EUR
Endvermögen 250.000,00 EUR
Zugewinn E 250.000,00 EUR
Zugewinnausgleichsanspruch EP 125.000,00 EUR
Nachlass ist überschuldet:  
Endvermögen des Erblassers 100.000,00 EUR
./. Zugewinnausgleich 125.000,00 EUR
Überschuldung – 25.000,00 EUR

EP hat zunächst einen Anspruch auf 100.000 EUR aus dem Nachlass gegen K3. Weiter hat sie einen Anspruch gegen K1 und K2 i.H.v. 25.000 EUR nach § 1390 Abs. 2 BGB.

K1 und K2 verbleiben 125.000 EUR.

EP hat gegen K2 einen Anspruch i.H.v. ⅛ aus ⅓ aus 125.000 EUR = 5.208 EUR.

EP hat gegen K1 einen Anspruch i.H.v. ⅛ aus ⅔ aus 125.000 EUR = 10.416 EUR.

Die Gesamtansprüche errechnen sich wie folgt:

 
1. Zugewinn aus Nachlass 100.000,00 EUR
2. Zugewinn von K1 und K2 25.000,00 EUR
3. Pflichtteilsergänzung 15.624,00 EUR
  140.624,00 EUR

Der Verkehrswert ist bei der Berechnung des Zugewinnausgleichsanspruchs im Versterbensfall nicht anzusetzen, sondern die Versicherungssumme.

4. EP hat keinen Pflichtteilsanspruch, da kein realer Nachlass vorhanden ist. Um die Überschuldung zu vermeiden, sollte EP ggf. prüfen, ob nicht ein Antrag auf Eröffnung des Nachlassinsolvenzverfahrens angezeigt ist, um die Bezugsrechte zu widerrufen, sodass zumindest der volle Zugewinnausgleichsanspruch aus dem Nachlass zur Auszahlung kommen kann. Auch K3 könnte Antrag auf Nachlassinsolvenz stellen.

Da durch den Widerruf des Insolvenzverwalters die gesamte Versicherungsleistung in den Nachlass fällt, ergibt sich folgende Nachlassberechnung:

Pflichtteilsanspruch

 
Endvermögen 100.000,00 EUR
+ Lebensversicherungssumme 150.000,00 EUR
./. Zugewinnausgleich 125.000,00 EUR
Nettonachlass 125.000,00 EUR
Pflichtteil von EP ⅛ aus 125.000 EUR = 15.625,00 EUR

Pflichtteilsergänzungsanspruch

Da die lebzeitigen Schenkungen widerrufen wurden, ergibt sich kein fiktiver Nachlass.

Liquiditätsmäßig ergibt sich kein Unterschied für EP.

 

Rz. 171

Zusammenfassung: Dem Endvermögen eines Ehegatten sind Schenkungen an Dritte (z.B. Grundstücke oder Lebensversicherungen an die Kinder) hinzuzurechnen. Durch die Zurechnung zum Endvermögen des Schenkenden erhöht sich dessen Zugewinn und damit die mögliche Ausgleichsforderung. Die Hinzurechnung kann unterbleiben, wenn die Schenkung auf einer sittlichen Verpflichtung beruht. Liegt die Schenkung schon mehr als zehn Jahre zurück, entfällt die Hinzurechnung (§ 1375 BGB). Wenn also die Einräumung des Bezugsrechts unwiderruflich war und außerhalb des Zehnjahreszeitraumes liegen sollte, ist die Lebensversicherungsleistung nicht beim Endvermögen zu berücksichtigen, sondern nur die Prämienzahlung der letzten zehn Jahre. Ebenso unterbleibt eine Hinzurechnung, wenn der überlebende Ehegatte mit der Schenkung an den Dritten einverstanden war.

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