Rz. 164

Lebensversicherungen wurden (häufig) zur Absicherung von Krediten herangezogen. Diese Konstellation hat Auswirkungen auf den Pflichtteil bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch.

 

Fall

Erblasser E ist im Güterstand der Zugewinngemeinschaft mit EP verheiratet. Aus der Ehe ist ein Kind K1 hervorgegangen. E ist Alleinverdiener. Er kauft eine Immobilie zu einem Kaufpreis von 400.000 EUR. E verfügt über kein Eigenkapital und nimmt bei der Bank B ein Darlehen über 400.000 EUR mit einem Zinsbindungszeitraum von zehn Jahren auf. Das Darlehen wird abgesichert durch eine Grundschuld auf der Immobilie. B verlangt, dass E seine Ansprüche aus einer bereits bestehenden Lebensversicherung zur Sicherheit an die B abtritt. Bei dieser Versicherung ist E Versicherungsnehmer und versicherte Person, EP ist widerruflich bezugsberechtigt. Die Todesfallleistung beträgt 600.000 EUR. Es wurden 100.000 EUR an Prämien erbracht. Der Ist-Wert zum Zeitpunkt des Ablebens beträgt 150.000 EUR.

E setzt EP zu seiner Alleinerbin ein. Unmittelbar nach dem Kauf, der Kreditaufnahme und der Abtretung verstirbt E. Welche Ansprüche hat K1 und in welcher Höhe?

Lösung:

K1 hat eine Pflichtteilsquote von ¼ und damit Pflichtteilsansprüche i.H.v. 100.000 EUR.

Der Nachlass setzt sich wie folgt zusammen:

 
Immobilie = 400.000 EUR
./. Verbindlichkeiten – 400.000 EUR
(ohne Vorfälligkeitsentschädigung)  
Versicherungsleistung, soweit abgetreten 400.000 EUR
Gesamtnachlass 400.000 EUR

Aus dem so ermittelten Nettonachlass steht K1 ein Pflichtteil i.H.v. ¼ zu, somit 100.000 EUR.

Weiterhin steht K1 ein Pflichtteilsergänzungsanspruch zu, soweit die Leistung aus der Lebensversicherung den abgetretenen Teil übersteigt. Der übersteigende Teil beträgt 200.000 EUR, die Ansprüche ¼ aus 200.000 EUR, somit 50.000 EUR.

 

Rz. 165

Tritt der Versicherungsnehmer seine Ansprüche aus einer Lebensversicherung als Sicherheit für einen Kredit an die Bank ab, widerruft er damit in Höhe des Kredits das Bezugsrecht des Begünstigten für die Dauer der Abtretung. Verstirbt er, fällt die Versicherungssumme mit dem Erbfall in Höhe des offenstehenden Kredits in den Nachlass. Dies gilt auch dann, wenn die Bank ihre Sicherungsrechte nicht ausübt.

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