Rz. 1

Das Interesse eines Erben liegt darin, das Vermögen des Erblassers festzustellen und es im Wege der Universalsukzession dem eigenen Vermögen einzuverleiben, um es anschließend behalten zu können. Dieses Interesse kollidiert zwangsläufig mit Interessen von Pflichtteilsberechtigten, Bezugsberechtigten aus Versicherungsverträgen, Gläubigern des Erblassers und dem Finanzamt. Der Pflichtteilsberechtigte fordert seinen Pflichtteil, der Bezugsberechtigte aus einem Lebensversicherungsvertrag verlangt die Leistung, Gläubiger fordern zum Nachteil des Aktivnachlasses ihre Forderungen ein, das Finanzamt erhebt die Steuer. Es gibt nahezu keine Nachlassplanung und keinen Nachlassfall ohne Ansprüche aus Lebensversicherungsverträgen einerseits und Forderungen und Verbindlichkeiten andererseits, die im Wege der Einzel- bzw. Gesamtrechtsnachfolge auf den oder die Erben bzw. Dritte übergehen. Bei Nachlass- und Finanzplanung spielen Lebensversicherungsverträge eine Rolle u.a. in Bezug auf Pflichtteilseinigung bzw. § 2287 BGB.

Die Kapitallebensversicherung ist einer der Bausteine der Vermögensplanung.

 

Rz. 2

Etwa 40 % der ausgezahlten Lebensversicherungssummen werden von den über 50-Jährigen wiederum in Rentenversicherungen "investiert", nach entsprechender Beratung durch die Versicherungswirtschaft.

 

Rz. 3

Bei fast allen Nachlässen über 13.000 EUR war bis 1995 eine Sterbegeldversicherung vorhanden. Die oft geübte Grundhaltung, Lebensversicherungen nur außerhalb des Nachlasses zu sehen, kann zu unrichtigen Ergebnissen bei der Abwicklung einer Nachlassangelegenheit führen. Lebensversicherungen können erheblichen Einfluss auf Pflichtteils-, Pflichtteilsergänzungs- und Zugewinnausgleichsansprüche nehmen.

 

Rz. 4

Lebens- und Rentenversicherungen machten bis 2015 in etwa 25 % des Sparvermögens aus und sind auch oftmals als Instrumentarium zur Immobilienfinanzierung gewählt worden. Es ist die erbrechtliche Auswirkung von Lebensversicherungen zu prüfen. Die Zahl der Versicherungsverträge ist rückläufig. Es ist nach dem nachfolgend dargestellten siebenstufigen Prüfungsschema vorzugehen.

 

Rz. 5

Das Sieben-Stufen-Prüfungsschema erleichtert die Untersuchung beim Tod des Versicherungsnehmers, der versicherten Person und des Bezugsberechtigten, um die erbrechtliche Ausgangsbasis feststellen zu können. Denn diese ist wichtig für

den Umfang des Nachlasses,
die Anrechnung auf den Pflichtteil,
den Pflichtteilsergänzungsanspruch und
den Zugewinnausgleichsanspruch,
Versorgungsausgleich.
 

Rz. 6

Erste Stufe

Es muss abgeklärt werden, ob es sich handelt um eine

kapitalbildende Lebensversicherung,
Risikolebensversicherung,
Rentenversicherung,
Riester-Versicherung,
Rürup-Versicherung oder
um eine Mischform,
betriebliche Lebens-/Rentenversicherung.

Damit ein Lebensversicherungsvertrag gleich welcher Art in Abgrenzung zum Sparvertrag angenommen werden kann, muss eine Absicherung des Todesfallrisikos Mitbestandteil der vertraglichen Regelung sein.

 

Rz. 7

Zweite Stufe

In der zweiten Stufe ist zu klären, ob der Erblasser

Versicherungsnehmer,
versicherte Person oder
Bezugsberechtigter

war.

 

Rz. 8

Dritte Stufe

In der dritten Stufe müssen folgende Fallsituationen unterschieden werden:

(1) Erblasser war Versicherungsnehmer

Der Erblasser als Versicherungsnehmer ist versicherte Person und nur im Erlebensfall bezugsberechtigt.
Der Erblasser als Versicherungsnehmer ist versicherte Person und nicht bezugsberechtigt im Todesfall (selten).
Bezugsrecht aufgrund Allgemeiner Lebensversicherungsbedingungen (ALB);
Bezugsrecht aufgrund von Vertragsbestimmungen;
Bezugsrecht aufgrund namentlicher Nennung;
Bezugsrecht aufgrund von Auslegung.
Der Erblasser als Versicherungsnehmer ist nicht versicherte Person und bezugsberechtigt im Erlebensfall.
Der Erblasser als Versicherungsnehmer ist nicht versicherte Person und bezugsberechtigt im Todesfall.
Der Erblasser als Versicherungsnehmer ist nicht versicherte Person, bezugsberechtigt ist der Versicherungsnehmer oder ein Dritter im Erlebensfall.
Der Versicherungsnehmer ist nicht versicherte Person, bezugsberechtigt ist ein Dritter im Versterbensfall.
Ist eventuell eine juristische Person bzw. eine Personengesellschaft Versicherungsnehmer, der Erblasser jedoch wirtschaftlich berechtigt?

(2) Erblasser ist Bezugsberechtigter

Der Erblasser als Bezugsberechtigter ist versicherte Person und nicht Versicherungsnehmer, wobei der Erblasser die Prämien bezahlt hat.
Der Erblasser als Bezugsberechtigter ist nicht versicherte Person und nicht Versicherungsnehmer, wobei der Erblasser die Prämien bezahlt hat.

(3) Erblasser ist versicherte Person

Der Erblasser als versicherte Person ist Versicherungsnehmer und nicht bezugsberechtigt, wobei der Erblasser die Prämien bezahlt hat.
Der Erblasser als versicherte Person ist bezugsberechtigt und nicht Versicherungsnehmer, wobei der Erblasser die Prämien bezahlt hat.
 

Rz. 9

Vierte Stufe

Sodann muss unterschieden werden, ob ein

wirksames oder unwirksames Bezugsrecht...

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