Rz. 122

Ein Grundurteil darf nur erlassen werden, wenn – auch unter Berücksichtigung der vom Beklagten erhobenen Einwendungen – die hohe Wahrscheinlichkeit besteht, dass der geltend gemachte Anspruch zumindest in irgendeiner Höhe besteht,[205] siehe auch die vorstehenden Ausführungen zu den einzelnen zum Anspruchsgrund gehörenden Tatsachen (Rdn 84 ff.). Solange hingegen die ernst zu nehmende Möglichkeit bleibt, dass sich die Anspruchshöhe auf null beläuft, kann ein Grundurteil nicht ergehen.[206]

 

Rz. 123

Soweit der geltend gemachte Anspruch unschlüssig ist, kommt daher ein Grundurteil nicht in Betracht: Ein Zwischenurteil über den Grund kann nur dahin lauten, dass der geltend gemachte Anspruch (ganz oder teilweise) dem Grunde nach gerechtfertigt ist. Ist ein Anspruch (ganz oder teilweise) dem Grunde nach nicht gerechtfertigt, dann ist die Klage (ganz oder teilweise) zur Endentscheidung, nämlich zur Abweisung, reif. Für ein Zwischenurteil ist kein Raum.[207] Das gilt auch dann, wenn zu den bislang unschlüssigen Positionen noch Gelegenheit zu ergänzendem Sachvortrag gegeben wird.[208] Eine im ersten Rechtszug fehlerhaft unterbliebene Teilabweisung kann im Rechtsmittelverfahren nachgeholt werden.[209]

 

Rz. 124

Dass nur ein gewisser, abgrenzbarer Teil einer einheitlichen Klageforderung nicht schlüssig dargelegt wird, hindert ein uneingeschränktes Grundurteil dagegen nicht. Dies begründet lediglich die Möglichkeit, aber nicht die Pflicht, die Klage insoweit durch Teilurteil abzuweisen.[210]

 

Rz. 125

Wenn mehrere Teilbeträge einer Forderung zugunsten verschiedener Personen in bestimmter Rangfolge eingeklagt werden, kann ein Grundurteil schon dann ergehen, wenn eine Forderung in Höhe der insgesamt geltend gemachten Beträge wahrscheinlich ist. Dass die Klageforderung in einer den zunächst zu befriedigenden Teilbetrag übersteigenden Höhe gerechtfertigt ist, muss dagegen nicht feststehen.[211]

[206] BGH, Urt. v. 7.3.2005 – II ZR 144/03, NJW-RR 2005, 1008; Geigel/Bacher, Kap. 39 Rn 52.
[207] BGH, Urt. v. 26.3.1985 – X ZR 28/84, NJW 1985, 1959.
[209] OLG Koblenz, Urt. v. 7.1.1985 – 12 U 166/84, VRS 68 (1985), 179.
[211] BGH, Urt. v. 28.9.1960 – IV ZR 245/59, NJW 1960, 2336.

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