Rz. 137

In der Berufungsinstanz kann sich die Interessenlage der Parteien eines Kündigungsstreits im Vergleich zur ersten Instanz erheblich ändern: Seit dem Ausspruch der Kündigung und oft auch schon seit dem Ende einer Kündigungsfrist ist jetzt regelmäßig geraume Zeit ins Land gegangen. Dies kann die Lage entspannt haben, etwa wenn der Arbeitnehmer zwischenzeitlich einen befriedigenden Alternativ-Job gefunden hat, die Parteien sich im Rahmen eines Prozessarbeitsverhältnisses wieder aneinander gewöhnt haben oder einfach des Streitens müde geworden sind. Genauso gut kann sich die Konfliktlage aber auch stetig weiter zuspitzen, z.B. wenn der Arbeitnehmer immer noch arbeitslos ist, das Annahmeverzugsrisiko des Arbeitgebers ins Unermessliche wächst und/oder weitere Streitpunkte aufgetreten sind.

 

Rz. 138

Zudem gerät der Rechtsstreit jetzt in seine alles entscheidende Phase, denn im (statistischen) Regelfall findet der in die 2. Instanz getriebene Rechtsstreit dort auch sein Ende: In den Berufungsverfahren, die durch streitiges Urteil endeten, wurde in 2021 in 11,3 % der Fälle die Revision zugelassen.[157] Die Erfolgsquote der Nichtzulassungsbeschwerde lag 2022 gerade einmal bei 4,32 %.[158]

 

Rz. 139

Für die Parteien ist es für ihr weiteres Vorgehen von wesentlicher Bedeutung, dass sie sich dieser Umstände bewusst werden und ihre aktuelle Interessenlage überdenken. Eine Kernaufgabe ihrer Prozessbevollmächtigten besteht darin, ihnen dabei behilflich zu sein.

[157] Statistisches Bundesamt, Fachserie 10, Reihe 2.8, 2021, S. 74 lfd. Nrn. 20 und 30.
[158] Bundesarbeitsgericht, Jahresbericht 2022.

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