Rz. 24

Eine Haftung wie die des Nachlassverwalters analog § 1985 Abs. 1 S. 1 BGB für mangelhafte Nachlassverwaltung scheidet nach heute einhelliger Ansicht aus.[27] Es besteht kein Grund, über die Einrichtung einer Nachlasspflegschaft den Gläubigern eine weitere Befriedigungsmöglichkeit zu verschaffen, die über diejenige gegen den Erben hinausgeht.[28] Haftungsansprüche der Erben gegen den Nachlasspfleger gehören zum Nachlass, machen im Ergebnis den Verlust des Nachlasses also wieder wett.

 

Rz. 25

Den Nachlassgläubigern gegenüber haftet der Nachlasspfleger aber persönlich bei Verletzung des Auskunftsanspruchs aus § 2012 Abs. 1 S. 2 BGB und nach dem Recht der unerlaubten Handlung gemäß §§ 823 ff. BGB.

 

Rz. 26

Die Auskunftspflicht aus § 2012 Abs. 1 S. 2 BGB bezieht sich auf den gegenwärtigen Bestand des Nachlasses. Diese wird erfüllt durch Vorlage eines entsprechenden Verzeichnisses, § 260 Abs. 1 BGB. Liegen die Voraussetzungen des § 260 Abs. 2 und 3 BGB vor, dann besteht weiter die Verpflichtung, die Vollständigkeit des erstellten Verzeichnisses an Eides Statt zu versichern.[29]

 

Rz. 27

Eine schuldhafte Verletzung der Auskunftspflicht setzt aber voraus, dass der Gläubiger überhaupt seinen Auskunftsanspruch gegen den Nachlasspfleger geltend gemacht hat und dieser dann nicht oder falsch erfüllt wird. Hieran wird es in der Praxis im Regelfall fehlen. Eine konkrete Aufforderung eines Gläubigers an den Nachlasspfleger, über den Bestand des Nachlasses Auskunft zu erteilen, ist die Ausnahme. Das Gläubigerbegehren, mitzuteilen, ob noch "mit Zahlungen zu rechnen ist" oder "wie der Sachstand ist", ist keine Geltendmachung des Auskunftsanspruchs aus § 2012 Abs. 1 S. 2 BGB.

 

Rz. 28

Die Frage, ob der Nachlasspfleger bei Erteilung der Auskunft verpflichtet ist, Haftungsansprüche der Erben gegen ihn selbst als Nachlassaktiva auszuweisen, ist bislang weder in der Rechtsprechung noch in der Literatur behandelt worden.

Hiergegen spricht, dass der Nachlasspfleger den Nachlassgläubigern nicht für schlechte Nachlassverwaltung haftet. Der für den Nachlassverwalter anzuwendende § 1985 Abs. 2 S. 1 BGB, der eine solche Verpflichtung gegenüber den Gläubigern begründet, gilt für den Nachlasspfleger nicht analog.[30] Auch ist der Nachlasspfleger den Gläubigern gegenüber nicht verpflichtet, einen Insolvenzantrag zu stellen. Die Nachlasspflegschaft wird nicht zum Schutz von Vermögensinteressen Dritter eingerichtet, sondern sie soll allein die des Erben schützen.[31]

 

Rz. 29

Bei der Frage der Auskunftserteilung nach § 2012 Abs. 1 S. 2 BGB geht es aber nicht um eine direkte Haftung des Nachlasspflegers gegenüber den Gläubigern. Haftungsansprüche der Erben gegen den Nachlasspfleger gehören zum gegenwärtigen Bestand des Nachlasses und sind von der Auskunftspflicht gegenüber den Gläubigern umfasst. Es bleibt dem Gläubiger überlassen, ob und welche Maßnahmen er verlasst, wenn er durch die Auskunft erfährt, dass Haftungsansprüche bestehen. Ihm steht es offen, die Ansprüche der Erben gegen den Nachlasspfleger pfänden und sich überweisen zu lassen.

[27] Vgl. RG v. 30.3.1936 – IV B 7/36, RGZ 151, 57, 63; Staudinger/Marotzke (2008), § 1960 Rn 53 f. m.w.N.
[28] Klingelhöffer, § 1960 Rn 74.
[29] Staudinger/Marotzke (2010), § 2012 Rn 11.
[30] Vgl. Staudinger/Marotzke (2008), § 1960 Rn 54 m.w.N.
[31] BGH v. 8.12.2004 – IV ZR 199/03, BGHZ 161, 281/287 = NJW 2005, 756/758 = ZErb 2005, 131 = ZEV 2005, 109 m. Anm. Marotzke.

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