Rz. 66

Ist absehbar, dass die Nachlasspflegschaft etwa aufgrund einer schwierigen Erbenermittlung länger dauern wird, kann die verzinsliche Anlage auf einem Sparbuch mit gesetzlicher Kündigungsfrist zu einem geringen Eckzinssatz pflichtwidrig sein. Der Nachlasspfleger hat dann zu prüfen, ob z.B. Sparbriefe, Namensschuldverschreibungen, Sparobligationen, Orderschuldverschreibungen oder auch das Termingeld einen besseren Zinsertrag bringen.[48]

 

Rz. 67

Bei jeglicher Vermögensanlage hat der Nachlasspfleger darauf zu achten, dass die Kontoguthaben (einschließlich Festgelder und Spareinlagen) nach dem EinSiG[49] gesichert sind. Hiernach hat der Einleger im Entschädigungsfall gegen das Einlagensicherungssystem, dem das Kreditinstitut angehört, einen Anspruch auf Entschädigung. Dieser ist allerdings im Regelfall der Höhe nach begrenzt auf den Gegenwert von 100.000 EUR (Deckungssumme), § 6 Abs. 1 EinSiG. Kreditinstitute haben über die gesetzliche Mindesdeckungssumme weitere Einlagesicherungssysteme geschaffen. So können die privaten Banken freiwillig im Einlagensicherungsfonds des Bundesverbandes deutscher Banken e.V. mitwirken. Die Sicherungsgrenze entspricht pro Kunde 20 % der Eigenmittel der jeweiligen Bank. Das Mindesteigenkapital einer Bank liegt in Deutschland bei 5 Mio. EUR. In diesem Fall wären also bereits pro Kunde 1 Mio. EUR geschützt. In den meisten Fällen ist dieser Betrag aber deutlich höher. So liegt die durchschnittliche Sicherungsgrenze bei 190 Millionen EUR pro Kunde pro Bank. Abweichend hiervon beträgt die Sicherungsgrenze für neu aufgenommene Institute bis zum Ende des dritten vollen Kalenderjahres ihrer Mitwirkung am Einlagensicherungsfonds grundsätzlich nur 250.000 EUR.[50] Die Sicherungsgrenzen der einzelnen Banken können im Internet abgerufen werden.[51] Für die Sparkassen[52] und die genossenschaftlichen Banken[53] bestehen über die gesetzliche Mindestdeckung hinaus institutseigene Sicherungssysteme, die formell eine unbegrenzte Deckung gewähren.

Bei verwalteten Nachlassguthaben in einem Fall von mehr als 100.000 EUR muss der Nachlasspfleger daher entweder das Vermögen auf verschiedene Kreditinstitute zu je 100.000 EUR verteilen, bei einer Privatbank die konkrete Sicherungsgrenze abfragen oder im Zweifel die Anlage bei einer Sparkasse oder Genossenschaftsbank wählen, die eine unbegrenzte Institutssicherung bietet.

 

Rz. 68

Der Nachlasspfleger kann gemäß § 1811 BGB mit nachlassgerichtlicher Genehmigung auch eine andere rentierlichere Anlageform als die festverzinslich Mündelsichere wählen. Eine Verpflichtung, dies zu prüfen, besteht allerdings nicht. Im Gegensatz zum Betreuer, der das Vermögen seines Betreuten zur Finanzierung des Lebensunterhalts auch mehren soll, obliegt dem Nachlasspfleger vorrangig die Sicherung und Verwaltung des Nachlasses bis zur Ermittlung der gesetzlichen Erben.

 

Rz. 69

Der Erwerb von Aktien sowie von Beteiligungen an Aktien- und Renten- und Immobilienfonds scheidet aber nicht von vornherein wegen des allgemeinen Risikos von Kurs- und Wertschwankungen aus. Das Gericht hat zu prüfen, ob die anderweitige Anlageform den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögensverwaltung entspricht. Dies ist aufgrund einer umfassenden Prüfung der Vor- und Nachteile, ausgerichtet an den Umständen des Einzelfalls, zu beurteilen. Dabei ist auf ein angemessenes Verhältnis von Anlagesicherheit zum Zweck der Vermögenserhaltung und Rentabilität im Sinne einer optimalen Renditeerzielung zu achten unter Berücksichtigung von Art und Umfang des Vermögens. Bei größerem Vermögen entspricht es den Grundsätzen einer wirtschaftlichen Vermögens-verwaltung, eine Streuung auf verschiedene Anlagearten vorzunehmen.[54] Zur Beurteilung der Wertsicherheit, Rendite und der steuerlichen Auswirkungen der beabsichtigten Geldanlage wird im konkreten Einzelfall im Hinblick auf die notwendige Sachkunde und nach dem Amtsermittlungsgrundsatz die Einholung amtlicher Auskünfte oder eines Sachverständigengutachtens in Betracht kommen.[55]

[48] Vgl. AG Bremen v. 14.2.1992 – 7 C 453/91 und LG Bremen v. 3.9.1992 – 8 S 154/92, NJW-RR 1993, 205.
[49] Einlagensicherungsgesetz vom 28.5.2015, BGBl I S. 786.
[50] Vgl. https://bankenverband.de/service/einlagensicherung/.
[51] Vgl. https://bankenverband.de/service/einlagensicherung/abfrage-formular/.
[52] Vgl. http://www.dsgv.de/de/sparkassen-finanzgruppe/sicherungssystem/index.html.
[53] Vgl. http://www.bvr.de/Wer_wir_sind/Unsere_Sicherungseinrichtung.
[54] Vgl. LG Lübeck v. 5.5.2015 – 7 T 157/15, NJW-RR 2015, 1485.

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