A. Einholung der Deckungszusage

I. Die Deckungszusage in der Praxis

1. Die Einholung der Deckungszusage durch den Anwalt

 

Rz. 1

Der rechtsschutzversicherte Mandant wendet sich nach bisheriger Praxis in der Regel an den Anwalt mit dem Auftrag zur Beratung oder Interessenvertretung. Gleichzeitig informiert er in der Regel den beauftragten Anwalt darüber, dass eine Rechtsschutzversicherung besteht. In einem solchen Fall stellt sich die Frage der Einholung der Rechtsschutzdeckung. In der Praxis ist es so, dass der beauftragte Anwalt, wenn ihm das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung mitgeteilt wird, nach Prüfung der Voraussetzungen der Eintrittspflicht der Rechtsschutzversicherung sich für den Versicherungsnehmer an die Rechtsschutzversicherung wendet und unter Mitteilung des Sachverhaltes für den Versicherungsnehmer die Bestätigung der Rechtsschutzdeckung geltend macht (zur Pflicht der Klärung der möglichen Rechtsschutzdeckung vgl. § 25 Rn 6).

2. Einholung der Deckungszusage als gesondertes Mandat

 

Rz. 2

Die Einholung der Deckungszusage beim Rechtsschutzversicherer ist eine besondere Angelegenheit. Sie ist nicht identisch mit dem Regulierungsauftrag. Grundsätzlich ist die Tätigkeit für die Einholung der Deckungszusage gesondert zu vergüten gem. Nr. 2300 VV RVG (vgl. auch § 10 Rn 7).[1]

[1] Gerold/Schmidt/Müller-Rabe, RVG, § 19 Rn 25; vgl. auch Pabst, Die Deckungsanfrage beim Rechtsschutzversicherer durch den Anwalt, AnwBl 2007, 136.

II. Rechtliche Aspekte zur Einholung der Deckungszusage

1. Die Einholung der Deckungszusage durch den Anwalt

 

Rz. 3

Bei der üblichen unmittelbaren Beauftragung des Anwaltes unter gleichzeitiger Mitteilung über das Bestehen einer Rechtsschutzversicherung durch den Mandanten hat sich der Anwalt grundsätzlich zu vergewissern, dass der Versicherer unterrichtet ist und Deckungszusage erteilt hat. Wurde Deckungszusage noch nicht begehrt oder noch nicht erteilt, kommt die Obliegenheit gem. § 17 Abs. 1 ARB 2010 zum Tragen. Hiernach besteht die Verpflichtung, den Rechtsschutzversicherer unverzüglich zu unterrichten. Unterbleibt die Unterrichtung, kann sich Leistungsfreiheit der Rechtsschutzversicherung ergeben gem. § 17 Abs. 6 ARB 2010.[2]

 

Rz. 4

Daran zu denken ist, dass bei drohendem Ablauf einer Rechtsmittelfrist PKH in Frage kommt.[3] Die Bedürftigkeit des Mandanten entfällt mit der Erteilung der Deckungszusage durch die Rechtsschutzversicherung.[4]

[2] Borgmann/Jungk/Grams, § 12 Rn 70.
[3] Borgmann/Jungk/Grams, a.a.O. unter Hinweis auf BGH NJW 1998, 1230.
[4] Borgmann/Jungk/Grams, a.a.O.

2. Die Rechtsnatur der Deckungszusage

 

Rz. 5

Aus § 17 Abs. 2 S. 1 ARB 2010 folgt die Sorgfaltspflicht des Versicherers, dass er den Umfang des Versicherungsschutzes zu bestätigen hat, wenn der Versicherungsnehmer seinen Rechtsschutzanspruch geltend gemacht hat.[5]

 

Rz. 6

Die Erteilung der Deckungszusage durch die Rechtsschutzversicherung ist als deklaratorisches Schuldanerkenntnis zu werten (zur Pflicht der Rechtsschutzversicherung zur Prüfung der Rechtsschutzdeckung und zur Deckungsbestätigung vgl. § 29 Rn 1 ff.).[6]

 

Rz. 7

Die Bestätigung der Rechtsschutzdeckung durch die Rechtsschutzversicherung soll dem Versicherungsnehmer und dem Anwalt die Gewähr geben, dass in dem bestätigten Umfang die Kosten für die Interessenwahrnehmung des Versicherungsnehmers übernommen werden.

 

Rz. 8

Ein besonderer rechtlicher Aspekt kann sich ergeben, wenn sich nach erteilter Deckungsbestätigung nachträglich herausstellt, dass die Voraussetzungen für die Rechtsschutzdeckung nicht gegeben sind, etwa wegen eines Risikoausschlusses oder einer Obliegenheitsverletzung oder wegen falscher Angaben des Versicherungsnehmers. In diesem Fall bindet die Deckungsbestätigung die Rechtsschutzversicherung nicht, es sei denn, dass die Tatsachen, die die Leistungsfreiheit oder Leistungsminderung begründenden, im Zeitpunkt der Bestätigung bereits bekannt waren.[7]

[5] Harbauer/Bauer ARB 2000, § 17 Rn 6 und 7.
[6] OLG Oldenburg r+s 1995, 463; vgl. auch Harbauer/Bauer, ARB 2000, § 17 Rn 17; Prölss/Armbrüster, ARB 2008/II, § 17 Rn 10.
[7] Harbauer/Bauer, ARB 2000, § 17 Rn 17.

III. Einholung der Deckungszusage und Gebührenanspruch

 

Rz. 9

Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass die Einholung der Deckungszusage beim Rechtsschutzversicherer eine besondere Angelegenheit i.S.v. § 15 RVG ist und deshalb gesondert mit der Gebühr nach VV 2300, 2301 zu vergüten ist.[8]

Der Gegenstandswert für die Gebührenberechnung bei Einholung einer Deckungszusage entspricht der Höhe der zu erwartenden Kosten.[9]

 

Rz. 10

Streitig ist, ob die insoweit anfallenden Gebühren vom Gegner als notwendige Kosten der Rechtsverfolgung zu ersetzen sind. Für den Bereich der Verkehrsunfallsachen hat das LG Berlin[10] entschieden, dass der Geschädigte insoweit vom Schädiger keinen Ersatz der Gebühren für die Einholung der Deckungszusage verlangen kann, da der Schaden nicht in den Schutzbereich der anzuwendenden Haftungsnormen falle.

 

Rz. 11

In der anwaltlichen Praxis ist es aber so, dass, obwohl die Einholung der Deckungszusage bei der Rechtsschutzversicherung eine selbstständige Angelegenheit ist, der verdiente Vergütungsanspruch gegenüber dem Mandanten nicht geltend gemacht wird. Ein anderer Aspekt ist aber gegeben, wenn die Rechtsschutzversicherung mit der Erteilung der Rechtsschutzzusage in Verzug gerät. In einem solchen Fall kommt ein Anspruch gegenüber der Rechtsschutz...

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