Rz. 118

Der Betroffene hat bei einem Verstoß gegen das GWB, Art. 101 und 102 AEUV oder gegen eine Verfügung der Kartellbehörde einen Anspruch auf Beseitigung und bei Wiederholungsgefahr auf Unterlassung (§ 33 Abs. 1 GWB) und bei vorsätzlicher oder fahrlässiger Begehung auch ein Anspruch auf Schadensersatz (§ 33a Abs. 1 GWB).

Betroffen ist, wer als Mitbewerber oder sonstiger Marktbeteiligter durch den Verstoß beeinträchtigt ist. Im Grundsatz muss also die Verletzung eines Schutzgesetzes, das zugunsten des Geschädigten besteht, festgestellt werden. Der Kartellverstoß muss sich nicht gezielt gegen bestimmte Abnehmer oder Lieferanten gerichtet haben.[149] Betroffene können auch mittelbare Abnehmer einschließlich Endabnehmern sein; das ist insbesondere der Fall, wenn die Kartellabrede auf der letzten Absatzstufe erfolgt ist oder die vorherigen Absatzstufen den Schaden durch den Weiterverkauf weitergereicht haben (§ 33c Abs. 2 GWB).[150]

Betroffener kann ggf. auch derjenige sein, der an der Kartellabsprache selbst beteiligt war; die Mitwirkung schließt nicht von vornherein Ersatzansprüche aus. Die Grenze liegt aber dort, wo der Anspruchsteller sich auf eine eigene rechtswidrige Handlung stützen würde, um Schadensersatz zu erlangen, und ihn eine erhebliche Verantwortung an der Wettbewerbsverzerrung trifft; bei beiderseitiger Mitwirkung ist eine Schadensteilung wegen Mitverschuldens nach § 254 BGB vorzunehmen.[151]

 

Rz. 119

Muster 26.11: Klage auf Schadensersatz wegen überhöhten Kartellpreises (§ 33a GWB)

 

Muster 26.11: Klage auf Schadensersatz wegen überhöhten Kartellpreises (§ 33a GWB)

An das Landgericht

Kammer für Handelssachen (Zivilkammer als Kartellkammer) –

_____

Klage

der A, _____

– Klägerin –

Prozessbevollmächtigte: _____

gegen

die B, _____

– Beklagte –

wegen Schadensersatz aufgrund eines überhöhten Verkaufspreises (§ 33a Abs. 1 GWB)

Streitwert: _____ EUR (vorläufig geschätzt)

Wir bestellen uns zu Prozessbevollmächtigten der Klägerin. Wir erheben Klage und beantragen im Wege der Stufenklage,

1. die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin die Protokolle des Ausschusses _____ seit _____ zu übermitteln und ihr darüber Auskunft zu erteilen, _____;
2. die Beklagte nach Vorlage der Beweismittel und erteilter Auskunft zu dem noch zu beziffernden Schadensersatzbetrag nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit dem _____ zu verurteilen;
3. den Rechtsstreit vor der angerufenen Kammer für Handelssachen zu verhandeln.

Sofern das Gericht das schriftliche Vorverfahren anordnet, beantragen wir für den Fall des Fristversäumnisses oder des Anerkenntnisses,

die Beklagte durch Versäumnisurteil oder Anerkenntnisurteil ohne mündliche Verhandlung zu verurteilen.

Begründung:

Die Klägerin ist ein Bauunternehmen und bezog in den letzten Jahren Beton bei der Beklagten. Das Bundeskartellamt stellte fest, dass die Beklagte und sämtliche ihrer Wettbewerber seit Jahren ein Preiskartell auf dem Angebotsmarkt für Beton unterhielten, aufgrund dessen das Preisniveau auf dem relevanten Markt vereinbarungsgemäß hochgehalten wurde. Hiervon war die Klägerin unmittelbar betroffen, weil sie den Beton zu den überhöhten Preisen einkaufte. In den Feststellungen des Bundeskartellamtes befinden sich keine Einzelangaben zu den Preisaufschlägen der Beklagten gegenüber der Klägerin. Der Klägerin stehen daher Ansprüche auf Vorlage von Beweismitteln und Auskunft gem. § 33g GWB und nachfolgend auf Schadensersatz in Höhe der Differenz zwischen gezahltem Preis und Marktpreis gem. § 33a Abs. 1 GWB zu.

Im Einzelnen:

I. _____ (Darstellung des Sachverhaltes mit entsprechenden Beweisangeboten)
II. In rechtlicher Hinsicht ist auszuführen:
1. Die Zuständigkeit des angerufenen Landgerichts ergibt sich daraus, dass die Klägerin einen Anspruch aus GWB geltend macht (§ 87 GWB) und dem Landgericht auch die Kartellstreitigkeiten des am Geschäftssitz der Beklagten zuständigen Gerichts gem. der Verordnung _____ zugewiesen sind. Die angerufene Kammer für Handelssachen ist nach §§ 95 Abs. 2, 96 Abs. 1 GVG zuständig.
2.

Die Klägerin begehrt im Wege der Stufenklage nach §§ 254, 260 ZPO zunächst die Vorlage von Beweismitteln und Erteilung von Auskünften nach § 33g Abs. 1 GWB. Nach den Feststellungen des Bundeskartellamtes haben die am Preiskartell beteiligten Betonhersteller sich im Ausschuss _____ getroffen und die Verkaufspreise für die Geschäfte der Beklagten mit der Klägerin besprochen. Darüber sind verschlüsselte Protokolle erstellt worden, die sich im Besitz der Beklagten befinden. Da die Feststellungen des Bundeskartellamtes keine Einzelheiten zu den Preisfestlegungen gegenüber der Klägerin enthalten, hat diese einen Anspruch auf Vorlage der verschlüsselten Protokolle und Mitteilung des Klartextes mit Erläuterungen durch die Beklagte.

Der Beklagten ist die Vorlage und Auskunftserteilung ohne größeren Aufwand möglich. Die Beklagte hat im Verfahren vor dem Bundeskartellamt nicht die Stellung eines Kronzeugen gehabt. In den Protokollen sind keine schützenswerten Geschäftsgeheimn...

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