Rz. 1

Bei der Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen wird regelmäßig bereits zu Lebzeiten Vermögen auf die nächste Generation übertragen bei gleichzeitiger Sicherstellung der Versorgung des Übergebers. Der Begünstigte (Übernehmer) ist bei dieser Gestaltung nach dem Versorgungsvertrag verpflichtet, wiederkehrende Leistungen aus dem von ihm nunmehr bewirtschafteten Vermögen an den Vermögensübergeber zu zahlen. Der Übergeber kann eine Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen aber auch in einer Verfügung von Todes wegen anordnen, wenn diese Übertragung im Rahmen der vorweggenommenen Erbfolge ebenfalls begünstigt gewesen wäre.[1]

 

Rz. 2

Das Jahressteuergesetz 2008 vom 20.12.2007[2] hatte durch die Neufassung von § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG wesentliche Änderungen für die Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen gebracht.[3] Die Neuregelung findet auf alle Verträge Anwendung, die ab dem 1.1.2008 abgeschlossen werden, vgl. § 52 Abs. 23e EStG. Entscheidend ist der Abschluss des schuldrechtlichen Vertrages, nicht der Zeitpunkt der Vermögensübertragung. Ist die Versorgungsleistung in einer Verfügung von Todes wegen geregelt, kommt es auf den Eintritt des Erbfalls bzw. den Anfall des Vermächtnisses an.[4] Ab 2015 verschiebt sich die Regelung ohne inhaltliche Veränderung in § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG.[5]

 

Rz. 3

Mit Schreiben vom 11.3.2010,[6] dem sog. vierten Rentenerlass, hatte das BMF zu der einkommensteuerrechtlichen Behandlung von wiederkehrenden Leistungen und der Neuregelung in § 10 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a EStG ausführlich Stellung genommen. Dieses Schreiben tritt an die Stelle des BMF-Schreibens vom 16.9.2004,[7] das sich noch mit der alten Rechtslage befasst und das für Verträge, die bis zum 31.12.2007 abgeschlossen wurden, weiterhin Gültigkeit beansprucht.[8] Für die Beratungspraxis sind die Neuregelungen für den Abschluss neuer Übertragungsverträge daher ebenso zu beachten wie die Auswirkungen auf sog. Altverträge.

 

Rz. 4

 

Hinweis

Hängt die Wirksamkeit des schuldrechtlichen Versorgungsvertrages von einer staatlichen Genehmigung (z.B. einer familien- oder nachlassgerichtlichen Genehmigung) ab, wirkt diese auf den Zeitpunkt des Vertragsabschlusses zurück, wenn die Parteien alles in ihrer Macht stehende getan haben, um einen wirksamen Vertrag abzuschließen. Handelt es sich dagegen um eine aufschiebende Bedingung, kommt es auf den Zeitpunkt des Bedingungseintritts an.[9]

 

Rz. 5

Rechtsfolge einer Vermögensübergabe gegen Versorgungsleistungen ist, dass die Übertragung des Vermögens in einkommensteuerrechtlicher Hinsicht als (voll) unentgeltliche Übertragung anzusehen ist. Die Versorgungsleistungen stellen weder Veräußerungsentgelt noch Anschaffungskosten dar.[10] Der Übernehmer tritt vielmehr an die Stelle des Übergebers und führt dessen Abschreibungsbemessungsgrundlage fort. In Höhe der wiederkehrenden Leistungen steht dem Übernehmer in vollem Umfang ein Sonderausgabenabzug nach § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG zu. Der Übergeber muss die empfangenen Leistungen gemäß § 22 Nr. 1a EStG als Einkommen versteuern.

 

Rz. 6

 

Hinweis

Die nach altem Recht aus Sicht des Übernehmers notwendige Differenzierung in voll abziehbare dauernde Lasten und die nur mit dem Ertragsanteil abzugsfähigen Leibrenten entfällt. Es kommt daher in steuerrechtlicher Hinsicht nicht mehr darauf an, ob der Versorgungsvertrag eine Abänderbarkeit der Leistungen (z.B. nach § 323 ZPO) vorsieht. § 22 Nr. 1a EStG bzw. § 22 Nr. 1b EStG a.F. greift grds. unabhängig vom Zeitpunkt des Abschlusses des Versorgungsvertrages für die Zahlungen ab dem Veranlagungszeitraum 2008 ein. Jedoch lässt sich dem Einkommensteuerrecht kein generelles Korrespondenzprinzip bei der Besteuerung wiederkehrender Bezüge entnehmen. Die Besteuerung beim Leistungsempfänger und beim Leistenden erfolgt unabhängig voneinander, so dass der jeweils andere Vertragspartner keine Rechte aus einer fehlerhaften steuerrechtlichen Behandlung bei der anderen Partei ableiten kann.[11]

 

Rz. 7

In erbschaft- und schenkungsteuerrechtlicher Hinsicht liegt ein zumindest teilweise entgeltlicher Vorgang vor. Eine Schenkungsteuerpflicht scheidet grds. aus, wenn der Wert der Versorgungsleistungen dem Wert des übertragenen Vermögens entspricht. Regelmäßig wird aber der Wert des zugewendeten Vermögens den Wert der Versorgungsleistungen übersteigen, so dass hinsichtlich des überschießenden Betrags eine unentgeltliche Schenkung in Betracht kommt. In diesen Fällen ist folglich eine Aufteilung des übertragenen Vermögens nach den Grundsätzen einer gemischten Schenkung vorzunehmen.

 

Rz. 8

Für eine Vermögensübertragung gegen Versorgungsleistungen müssen nach neuem Recht die nachfolgenden Voraussetzungen erfüllt sein:

1. Es muss eine Vermögensübertragung i.S.v. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG vorliegen. Dies setzt voraus, dass es sich nicht um eine (voll) entgeltliche Veräußerung handelt und eine existenzsichernden Wirtschaftseinheit i.S.v. § 10 Abs. 1a Nr. 2 EStG übertragen wird.
2. Des Weiteren muss es sich um eine Versorgungsleistung i.S.v. § ...

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