Rz. 64

Um überhaupt zur Teilungsreife zu gelangen und um die Anzahl der Hilfsanträge in einem überschaubaren Rahmen zu belassen, ist es häufig hilfreich, vor der Teilungsklage auf Feststellung zur Klärung einzelner Punkte zu klagen. Daher sollte die Erbteilungsklage ggf. mit einer oder mehreren Feststellungsklagen flankiert bzw. sollten Feststellungsklagen vorgeschaltet werden.

Idealerweise können so sogar die darüber hinaus bestehenden kleineren Streitpunkte unter den Miterben im Rahmen der Feststellungsklage "mitgeklärt" werden (Stichwort "Mehrvergleich") oder begleitend einvernehmlich abgehandelt werden. Möglicherweise wird dann die weitere Erhebung einer Erbteilungsklage entbehrlich.

Auch wenn grundsätzlich eine Leistungsklage erhoben werden könnte, erachtet der BGH bei der Vorbereitung zur Auseinandersetzung der Erbengemeinschaft die Feststellungsklage zur Klärung einzelner Streitfragen als zulässig.[40]

 

Rz. 65

 

Formulierungsbeispiel: Feststellungsklage zur Vorbereitung der Teilung (Ausgleichung)

Hiermit erhebe ich unter Vorlage entsprechender Vollmacht Klage gegen den Beklagten und kündige für die Verhandlung folgenden Antrag an:

Es wird festgestellt, dass der Beklagte bei der Teilung des Nachlasses des am (…) verstorbenen Herrn (…), zuletzt wohnhaft gewesen in (…), die ihm vom Erblasser am (…) gemachte Geldzuwendung in Höhe von (…) EUR (indexierter Wert) auszugleichen hat.

Begründung:

Die Parteien sind Brüder. Sie streiten um die Teilung des Nachlasses ihres am (…) verstorbenen Vaters, Herrn (…), zuletzt wohnhaft in (…).

Beide wurden je zur Hälfte gesetzliche Erben.

Beweis: Beglaubigte Abschrift des Erbscheins vom (…), erteilt vom Amtsgericht – Nachlassgericht – (…)

Der Nachlass, der insgesamt mehrere hunderttausend EUR wert ist, wäre teilungsreif, wenn geklärt wäre, ob die vom Erblasser dem Beklagten am (…) gewährte Zuwendung eines Geldbetrages in Höhe von seinerzeit 50.000 EUR unter den Erben i.S.d. §§ 2050 ff. BGB ausgleichungspflichtig ist oder nicht.

Der Beklagte ist selbstständiger Installateurmeister. Nach Grund- und Hauptschule hat er eine Lehre als Installateur im Bereich Gas und Wasser gemacht. Nach bestandener Gesellenprüfung vor der Handwerkskammer (…) hat er einige Jahre in einem Installateurbetrieb gearbeitet, danach vor der Handwerkskammer (…) die Meisterprüfung abgelegt und im Anschluss daran einen eigenen Betrieb eröffnet, den er heute noch betreibt.

Anlässlich der Eröffnung seines eigenen Betriebes erhielt er vom Vater der Parteien, dem Erblasser, einen Barbetrag von seinerzeit 50.000 EUR zugewandt. Darüber haben der Beklagte und der Erblasser eine schriftliche Notiz gefertigt. Sie lautet:

"Heute, am (…), hat mein Sohn (…) von mir 50.000 EUR als Schenkung erhalten. Dies bestätigt mein Sohn mit seiner Unterschrift."

Unter diesem Text befinden sich die Unterschriften des Erblassers und des Beklagten.

Beweis: Fotokopie des Schriftstücks vom (…), das in der Verhandlung im Original vorgelegt werden wird

Der Beklagte beruft sich darauf, dass diese "Schenkung" bei der Teilung des Nachlasses in keiner Weise zu berücksichtigen sei, weil es sich um eine Schenkung gehandelt habe und keinerlei Vereinbarung über eine etwaige Ausgleichungspflicht bei der Erbteilung getroffen worden sei. Deshalb sei die Schenkung nach § 2050 Abs. 3 BGB nicht auszugleichen.

Diese rechtliche Wertung ist jedoch nicht richtig. In Wahrheit handelt es sich bei der Zuwendung nicht um eine Schenkung i.S.d. §§ 516 ff. BGB, sondern um eine Ausstattung nach § 1624 BGB, die nach § 2050 Abs. 1 BGB bei der Erbteilung auszugleichen ist, auch wenn bei der Zuwendung der Ausstattung über eine Ausgleichungspflicht nichts gesagt wurde. Der Beklagte hat den Geldbetrag als Starthilfe erhalten, als er sich mit einem eigenen Handwerksbetrieb selbstständig gemacht hat. Hierbei handelt es sich um einen typischen Fall der Ausstattung, die dazu dienen sollte, dem Beklagten den Schritt in die Selbstständigkeit zu ermöglichen (BGHZ 44, 91). Ohne diese Zuwendung wäre es dem Beklagten gar nicht möglich gewesen, den eigenen Betrieb aufzubauen. Er hatte nämlich seinerzeit keinerlei nennenswerte eigene finanzielle Mittel.

Beweis: Parteivernehmung des Beklagten

Sowohl der Erblasser als auch der Beklagte sind bzw. waren juristische Laien. Ihnen war nicht bekannt, welche Rechtsfolgen eine Ausstattung einerseits und eine Schenkung andererseits bei der Erbteilung haben. Der Begriff "Ausstattung" dürfte dem Erblasser gar nicht bekannt gewesen sein. Da es sich der Sache nach unter den damals bestehenden Gegebenheiten um eine Ausstattung gehandelt hatte, schadet die vom Erblasser und dem Beklagten gewählte Bezeichnung "Schenkung" nicht. Was die Parteien dieses Zuwendungsvertrags wollten, ist aus Sicht des Klägers und des Gesetzes eindeutig.

Aber die Zuwendung ist noch aus einem anderen Grund auszugleichen:

Selbst wenn man die Zuwendung als Schenkung ansehen wollte, so wäre eine Ausgleichungspflicht nach § 2050 Abs. 3 BGB anzunehmen, weil dies der Erblasser bei der Hingabe des G...

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