Rz. 88

Schwierigkeiten bereitet vor allem die bis vor kurzem anhaltende Niedrigzinsphase. Es bleibt abzuwarten, inwiefern sich die Erhöhung des Leitzinses in der jüngeren Vergangenheit hierauf auswirkt. Soll der behinderte Angehörige spürbare Vorteile aus dem Erwerb von Todes wegen erhalten, kann dies über die Erträgnisse aus dem Nachlass häufig nicht mehr erreicht werden. Zu überlegen ist daher, ob ein Zugriff auf die Nachlasssubstanz ermöglicht werden soll. Das könnte dergestalt geschehen, das behinderte Kind nicht zum nicht befreiten, sondern zum befreiten Vorerben gem. § 2136 BGB einzusetzen.[133] Ein gewisses dem Vorschlag immanentes Risiko besteht darin, dass der befreite Vorerbe bzw. für ihn sein gesetzlicher Vertreter vom Testamentsvollstrecker nach § 2217 Abs. 1 BGB Mittelfreigabe verlangen könnte, was wiederum zu einer Überleitungsmöglichkeit führen könnte.[134] Dieser Gefahr kann allerdings mit einem entsprechenden in die letztwillige Verfügung aufgenommenen Verwaltungsanordnungskatalog nach § 2216 Abs. 2 S. 1 BGB begegnet werden.[135] Ein milderes Mittel als den Vorerben zu befreien, ist es allerdings, dem Testamentsvollstrecker Zugriff auf die Nachlasssubstanz zu geben, sofern eine Verbesserung der Lebensumstände des Behinderten aus den Erträgnissen der Vorerbschaft nicht erreicht werden kann. Aus Gründen der Beschreitung des sichersten Weges ist eine solche Lösung der Anordnung einer befreiten Vorerbschaft des Behinderten vorzuziehen.[136]

[133] Spall, ZEV 2017, 26, 28.
[134] Ruby/Schindler, Behindertentestament, S. 40 Rn 53; Braun, Nachlassplanung, § 2 Rn 116.
[135] Ruby/Schindler, Behindertentestament, S. 40 Rn 53.
[136] Braun, Nachlassplanung § 2 Rn 116.

Das ist nur ein Ausschnitt aus dem Produkt Deutsches Anwalt Office Premium. Sie wollen mehr?

Anmelden und Beitrag in meinem Produkt lesen


Meistgelesene beiträge