Rz. 58

Begehungsort der unerlaubten Handlung ist sowohl der Handlungs- als auch der Erfolgsort, so dass eine Zuständigkeit wahlweise dort gegeben ist, wo die Verletzungshandlung begangen oder wo in ein geschütztes Rechtsgut eingegriffen wurde.[95] Bei dem Ort, an dem lediglich ein über die Verletzung des geschützten Rechtsguts hinausgehender Schaden oder weitere Schadensfolgen eingetreten sind (Scha­densort), handelt es sich dagegen grundsätzlich nicht um einen zuständigkeitsbegründenden Begehungsort.[96] Etwas anderes gilt nur dann, wenn der Schadenseintritt selbst zum Tatbestand der Rechtsverletzung gehört, die unerlaubte Handlung ohne ihn also nicht vollendet wäre,[97] beispielsweise wenn das Vermögen als solches – wie bei Amtspflichtverletzungen (§ 839 BGB), Betrug (§ 823 Abs. 2 BGB, § 263 StGB) oder sittenwidriger vorsätzlicher Schädigung (§ 826 BGB) – das geschützte Rechtsgut ist. Denn dann liegt auch dort ein Erfolgsort, wo das Vermögen belegen ist.[98]

 

Rz. 59

Bei Gesundheitsbeschädigungen und Körperverletzungen ist folglich für den Erfolgsort der Ort der – unmittelbaren – Primärverletzung maßgeblich, nicht dagegen, wo bloße Auswirkungen einer (bereits vollendeten) Körperverletzung eintreten.[99] Am Wohnsitz eines an Körper oder Gesundheit Verletzten ist der Gerichtsstand der unerlaubten Handlung daher nur begründet, wenn dort – selbstständige – Gesundheitsschäden aufgetreten sind.[100]

 

Rz. 60

Bei Mittäterschaft oder Beihilfe (§ 830 BGB) muss sich jeder Beteiligte die von einem anderen ­Beteiligten erbrachten Tatbeiträge für die Bestimmung des Gerichtsstands – unabhängig davon, welcher Beteiligte verklagt wird – zurechnen lassen.[101] Auch für Klagen gegen Personen, die für unerlaubte Handlungen anderer einzustehen haben (siehe oben Rdn 57), ist der Begehungsort maßgeblich. Zur internationalen Zuständigkeit nach EuGVVO bei mehreren Beteiligten siehe § 29 Rdn 83.

 

Rz. 61

Gibt es für eine einheitliche unerlaubte Handlung mehrere Begehungsorte in verschiedenen Gerichtsbezirken, so kann der Kläger zwischen den damit begründeten Gerichtständen wählen (§ 35 ZPO). Dabei kann der gesamte Schaden in jedem Gerichtsbezirk geltend gemacht werden.[102]

 

Rz. 62

Lässt sich ein Begehungsort nicht feststellen, kommt wegen dieser Ungewissheit eine Gerichtsstandsbestimmung in Betracht (§ 36 Abs. 1 Nr. 2 ZPO).[103]

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