Rz. 40

Die Frage, ob der Nießbrauch am Gesellschaftsanteil in das Handelsregister einzutragen ist, ist umstritten und Gegenstand lebhafter aktueller Debatte.[73] Eine Eintragungspflicht kann mangels gesetzlicher Grundlage nicht bestehen. Der Nießbrauch wäre auch nur dann eintragungsfähig, wenn der Rechtsverkehr ein berechtigtes Interesse an der Eintragung geltend machen könnte, da der Grundsatz der Registerklarheit eine Überfrachtung des Handelsregisters verbietet. Hier kommen die Oberlandesgerichte Stuttgart, Oldenburg und München zu unterschiedlichen Ergebnissen. Das OLG Köln[74] schließt sich in der aktuellsten Entscheidung zu dieser Frage explizit dem OLG München an, indem es davon ausgeht, dass die Bestellung eines Nießbrauchs an einem Kommanditanteil nicht in das Handelsregister eingetragen werden kann.[75] Die Ansicht des OLG Köln vermag dabei zu überzeugen.[76] Eine Entscheidung des BGH existiert hierzu noch nicht.

 

Rz. 41

Begründet wird die Eintragungsfähigkeit u.a. damit, dass die Eintragung des Nießbrauchs im Handelsregister aus Gründen des Gläubigerschutzes erforderlich sei, da der Nießbraucher neben dem Kommanditisten hafte. Dies überzeugt jedoch nicht, da der Nießbraucher – seine Haftung unterstellt – nur neben den Gesellschafter als weiteren Haftungsschuldner tritt, auf den der Rechtsverkehr ebenso wenig vertrauen kann wie auf einen Bürgen (zur Haftungsfrage siehe Rdn 35).

Stehen dem Nießbraucher selbst Stimm- und Verwaltungsrechte in der Gesellschafterversammlung zu, sei die Eintragung erforderlich, um dem Handelsregister die Prüfung zu ermöglichen, ob ein eintragungspflichtiger Beschluss unter Mitwirkung des Nießbrauchers wirksam zustande gekommen sei.[77] Höchstrichterlich geklärt ist jedoch, dass dem Nießbraucher jedenfalls in Grundlagengeschäften kein eigenes Stimmrecht in der Gesellschafterversammlung zusteht. Somit kann das Registergericht auch ohne Eintragung des Nießbrauchs seiner Prüfungspflicht bei eintragungspflichtigen Grundlagenbeschlüssen nachkommen.

 

Rz. 42

Auch über § 1071 BGB lässt sich keine Eintragung rechtfertigen, da nach herrschender Meinung die fehlende Zustimmung des Nießbrauchers die gesellschaftsrechtliche Wirksamkeit eines Gesellschafterbeschlusses nicht berührt. Ein ohne Zustimmung des Nießbrauchers gefasster Beschluss, der den Nießbrauch unmittelbar in seinem Bestand betrifft, kann nur Ansprüche zwischen Gesellschafter und Nießbraucher auslösen.

Folglich kann auch dann der Rechtsverkehr kein berechtigtes Interesse an der Eintragung des Nießbrauchs im Handelsregister geltend machen, wenn dem Nießbraucher abweichend von der gesetzlichen Regelung Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung zustehen.

 

Praxishinweis

Zwar besteht keine Eintragungspflicht und eine Eintragungsfähigkeit lässt sich ebenfalls mit guten Gründen verneinen, doch bleibt die Entscheidung des BGH angesichts der uneinheitlichen Rechtsprechung der Oberlandesgerichte abzuwarten. Im Sinne größtmöglicher Vorsicht, um die mögliche Haftung des Nießbrauchers zu begrenzen, ist im Einzelfall zu überlegen, die vorsorgliche Eintragung des Nießbrauchs im Handelsregister zu erreichen.

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