Rz. 74

Die Prüfung von Vorfragen ist für die Lösung erbrechtlicher Fälle von besonderer Bedeutung. Hieran hat auch die Einführung der EuErbVO nichts Grundlegendes geändert. Sowohl nach altem als auch nach neuem Recht sind Vorfragen von Beachtung. Bei einer Vorfrage handelt es sich um einen Teilaspekt der erbrechtlichen Angelegenheit, ohne dessen Klärung sich der Gesamtfall nicht richtig lösen lässt. Ein simples Beispiel: Ein ausländisches Recht sieht ein besonderes Ehegattenerbrecht vor. Folglich kann nur solch eine Person dieses Erbrecht für sich in Anspruch nehmen, bei der "vorab" geklärt worden ist, dass sie auch tatsächlich Ehegatte des Verstorbenen ist.

 

Rz. 75

Zur Klärung des Bestehens der Ehe kann die Ehegatteneigenschaft im Rahmen einer unselbstständigen Anknüpfung ermittelt werden. Das bedeutet, dass die Ehegatteneigenschaft aus kollisionsrechtlicher Sicht desjenigen Erbrechts geklärt wird, welches als Erbstatut ermittelt wurde. Es ist aber auch möglich, diese Bestimmung in unselbstständiger Anknüpfung, also mit den Kollisionsregeln der lex fori, zu bestimmen.[155] Vorfragen in Bezug auf das internationale Erbrecht werden in aller Regel selbstständig angeknüpft.[156] Eine gesetzliche Regelung hierzu gibt es aber nicht. Das Scheidungsurteil eines deutschen Familiengerichts wäre also bezogen auf den Fall zu beachten. Existiert zwischen den Staaten jedoch staatsvertragliches Kollisionsrecht (bilaterale Konsularverträge etc.), so wird nach ganz herrschender Meinung unselbstständig angeknüpft.[157]

[155] Hohloch/Heckel, in: Hausmann/Hohloch, Handbuch des Erbrecht, Kapitel 26 Rn 70.
[156] BGHZ 43, 213, 218: OLG Hamm MittRhNotK 1992, 291; Palandt/Thorn, Einl. v. Art. 3 EGBGB Rn 29; Hertel, in Würzburger Notarhandbuch, Teil 7, Kap 1 Rn 69.
[157] Palandt/Thorn, Einl. v. Art. 3 EGBGB Rn 30.

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