Rz. 167

Mit Inkrafttreten der EuErbVO bestimmt sich die internationale Zuständigkeit nach Kapitel II der EuErbVO (Art. 4 ff. EuErbVO). Diese verdrängen[206] die früheren Regelungen und unterscheiden danach, ob eine Rechtswahl getroffen wurde und wenn ja, ob die Rechtswahl zugunsten eines drittstaatlichen Rechts oder zugunsten eines Mitgliedstaats erfolgt ist. Die Zuständigkeitsbestimmungen sind für die Gerichte bindend.

KG, Beschl. v. 26.4.2016 – 1 AR 8/16:[207] Letzter gewöhnlicher Aufenthalt eines nach Inkrafttreten der EuErbVO verstorbenen Grenzpendlers

Zitat

Bei sog. Grenzpendlern (hier: zwischen Deutschland und Polen) bestimmt sich die internationale Zuständigkeit in Erbsachen ab dem 17.8.2015 nach Art. 4 ff. EuErbVO und damit grds. nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers. (…)

Daneben enthält auch das IntErbRVG in den §§ 2 ff. Regelungen zur örtlichen Zuständigkeit für bürgerliche Streitigkeiten.[208]

[206] Köhler, in: Gierl/Köhler/Kroiß/Wilsch, Teil 1 § 2 Rn 1.
[207] ZEV 2016, 514.
[208] Gierl, in: Gierl/Köhler/Kroiß/Wilsch, Teil 2 § 1 Rn 4.

1. Keine Rechtswahl: Allgemeine Zuständigkeit, Art. 4 EuErbVO

 

Rz. 168

In der Regel bestimmt sich die internationale Zuständigkeit der Gerichte nach dem letzten gewöhnlichen Aufenthalt des Erblassers. Damit kommt es regelmäßig zu einem Gleichlauf zwischen dem anwendbaren Verfahrensrecht (lex fori) und dem anwendbaren materiellen Recht (lex causae).

 

Art. 4 EuErbVO Allgemeine Zuständigkeit

Für Entscheidungen in Erbsachen sind für den gesamten Nachlass die Gerichte des Mitgliedstaats zuständig, in dessen Hoheitsgebiet der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes seinen gewöhnlichen Aufenthalt hatte.

2. Rechtswahl zugunsten eines mitgliedstaatlichen Rechts, Gerichtsstandsvereinbarung bei Rechtswahl und Zuständigkeit bei Rechtswahl, Art. 5 ff. EuErbVO

 

Rz. 169

Hat der Erblasser als Erbstatut das Recht eines Mitgliedstaats gemäß Art. 22 EuErbVO gewählt, können die betroffenen Parteien vereinbaren, dass ein Gericht dieses Mitgliedstaats zuständig sein soll, Art. 7 EuErbVO.

 

Art. 7 EuErbVO Zuständigkeit bei Rechtswahl

Die Gerichte eines Mitgliedstaats, dessen Recht der Erblasser nach Artikel 22 gewählt hat, sind für die Entscheidungen in einer Erbsache zuständig, wenn

a) sich ein zuvor angerufenes Gericht nach Artikel 6 in derselben Sache für unzuständig erklärt hat,
b) die Verfahrensparteien nach Artikel 5 die Zuständigkeit eines Gerichts oder der Gerichte dieses Mitgliedstaats vereinbart haben oder
c) die Verfahrensparteien die Zuständigkeit des angerufenen Gerichts ausdrücklich anerkannt haben.
 

Rz. 170

Die Zulässigkeits- und Wirksamkeitsvoraussetzungen einer Rechtswahl regelt Art. 5 EuErbVO:

 

Art. 5 EuErbVO Gerichtsstandsvereinbarung

(1) Ist das vom Erblasser nach Artikel 22 zur Anwendung auf die Rechtsnachfolge von Todes wegen gewählte Recht das Recht eines Mitgliedstaats, so können die betroffenen Parteien vereinbaren, dass für Entscheidungen in Erbsachen ausschließlich ein Gericht oder die Gerichte dieses Mitgliedstaats zuständig sein sollen.

(2) Eine solche Gerichtsstandsvereinbarung bedarf der Schriftform und ist zu datieren und von den betroffenen Parteien zu unterzeichnen. Elektronische Übermittlungen, die eine dauerhafte Aufzeichnung der Vereinbarung ermöglichen, sind der Schriftform gleichgestellt.

 

Rz. 171

Möglich ist auch die Zuständigkeitsbegründung durch rügeloses Einlassen, Art. 9 EuErbVO.

3. Subsidiäre Zuständigkeit, Art. 10 EuErbVO

 

Rz. 172

Wenn kein Aufenthalt des Erblassers in einem Mitgliedstaat feststellbar ist, sind die Gerichte der Vertragsstaaten unter bestimmten Voraussetzungen gleichwohl für die Nachlassabwicklung zuständig:

Es müssen sich in dem Mitgliedstaat Nachlassgegenstände befinden und der Erblasser muss seinen vorhergehenden gewöhnlichen Aufenthalt in dem betreffenden Mitgliedstaat gehabt haben, sofern dieser Aufenthalt nicht länger als fünf Jahre vor der Anrufung des Gerichts zurückliegt,
oder hilfsweise muss der Erblasser im Zeitpunkt seines Todes die Staatsangehörigkeit dieses Mitgliedstaats besessen haben
oder hilfsweise muss ein Erbe oder Vermächtnisnehmer seinen gewöhnlichen Aufenthalt in diesem Mitgliedstaat gehabt haben
oder hilfsweise muss der Antrag ausschließlich diese Gegenstände betreffen, Art. 10 Abs. 2 EuErbVO.

Probleme ergeben sich hinsichtlich der Frage der Belegenheit von Forderungen und wenn sich mehrere Erben in unterschiedlichen Mitgliedstaaten aufhalten.

4. Notzuständigkeit, Art. 11 EuErbVO

 

Rz. 173

In besonderen Ausnahmefällen kommt eine Notzuständigkeit nach Art. 11 EuErbVO in Betracht.

 

Art. 11 EuErbVO Notzuständigkeit (forum necessitatis)

Ist kein Gericht eines Mitgliedstaats aufgrund anderer Vorschriften dieser Verordnung zuständig, so können die Gerichte eines Mitgliedstaats in Ausnahmefällen in einer Erbsache entscheiden, wenn es nicht zumutbar ist oder es sich als unmöglich erweist, ein Verfahren in einem Drittstaat, zu dem die Sache einen engen Bezug aufweist, einzuleiten oder zu führen.

Die Sache muss einen ausreichenden Bezug zu dem Mitgliedstaat des angerufenen Gerichts aufweisen.

5. Verfahren

 

Rz. 174

Soweit eine Rechtswahl zugunsten eines Rechts eines Mitgliedstaats getroffen wurde, hat das Gericht die Vorschriften der Art. 6, 8 EuErbVO zu beachten:

 

Art. 6 EuErbVO Unzuständigerklärung bei Rechtswahl

Ist das Recht, ...

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