Rz. 127

Problematisch ist insbesondere die Frage nach den Pflichtteilsrechten. So sah die ursprüngliche Fassung des Art. 27 Abs. 2 EuErbVO vor, dass der ordre-public-Vorbehalt in Zusammenhang mit Pflichtteilsrechten zurückgedrängt werden sollte. Dies kam in dem Satz "kann nicht allein deshalb als mit der öffentlichen Ordnung … unvereinbar angesehen werden, weil sie den Pflichtteilsanspruch anders regelt als das Recht am Ort des angerufenen Gerichts" zum Ausdruck. Im Gesetzgebungsverfahren gelangte man zur Überzeugung, dass "jedenfalls im Kreise der Mitgliedstaaten für eine Anwendung des ordre public im Hinblick auf Pflichtteilsrechte kein Raum" sei.[166] Dies gilt wohl auch im Hinblick auf die Entscheidung des BVerfG vom 19.4.2005.[167] Darin hatte das BVerfG noch geurteilt:

Zitat

Die grundsätzlich unentziehbare und bedarfsunabhängige wirtschaftliche Mindestbeteiligung der Kinder des Erblassers an dessen Nachlass wird durch die Erbrechtsgarantie des Art. 14 Abs. 1 S. 1 in Verbindung mit Art. 6 Abs. 1 GG gewährleistet.

BGH NJW 2022, 2547:

Zitat

Die Anwendung des gem. Art. 22 Abs. 1 EuErbVO gewählten englischen Erbrechts verstößt jedenfalls dann gegen den deutschen ordre public im Sinne von Art. 35 EuErbVO, wenn sie dazu führt, dass bei einem Sachverhalt mit hinreichend starkem Inlandsbezug kein bedarfsunabhängiger Pflichtteilsanspruch eines Kindes besteht.

[166] Lechner, in: Dutta/Herrler, S. 11; Lorenz, in: Dutta/Herrler, S. 123 ff.
[167] BVerfG NJW 2005, 1561.

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