Rz. 123

Auch die Art und Weise der Geltendmachung des Pflichtteilsrechts richtet sich nach dem Erbstatut.[163] Auch die Verjährung des Anspruchs,[164] sein Erlass sowie der Pflichtteilsverzicht[165] bestimmen sich nach dem Erbstatut.

[163] Staudinger/Dörner, Art. 25 EGBGB Rn 187.
[164] BGH FamRZ 1996, 727.

aa) Typischer Sachverhalt

 

Rz. 124

Im Januar 2021 verstarb in Traunstein eine Amerikanerin unter Hinterlassung von unbeweglichem Vermögen in Deutschland. In einem privatschriftlichen Testament aus dem Jahr 1997 hatte sie ihren Ehemann, der nunmehr in Deutschland lebt, zum alleinigen Erben eingesetzt. Ihr letzter gewöhnlicher Aufenthalt war in Los Angeles. Das IPR Kaliforniens sieht vor, dass bewegliches Vermögen nach dem Recht des Staates vererbt wird, in dem der Erblasser sein letztes "domicile" hatte, unbewegliches Vermögen vererbt sich nach der lex rei sitae. Der Sohn als einziger Abkömmling klagt seinen Pflichtteilsanspruch gegen den in Deutschland lebenden Vater ein.

bb) Muster: Stufenklage eines Pflichtteilsberechtigten auf Auskunft und Zahlung gegen den Erben bei amerikanischer Staatsangehörigkeit der Erblasserin

 

Rz. 125

Muster 24.7: Stufenklage eines Pflichtteilsberechtigten auf Auskunft und Zahlung gegen den Erben bei amerikanischer Staatsangehörigkeit der Erblasserin

 

Muster 24.7: Stufenklage eines Pflichtteilsberechtigten auf Auskunft und Zahlung gegen den Erben bei amerikanischer Staatsangehörigkeit der Erblasserin

An das

Landgericht Traunstein

Herzog-Otto-Str. 1

83278 Traunstein

Klage

des Frank Lukowski, Güterhallenstr. 11, 83278 Traunstein

– Klägers –

Prozessbevollmächtigter: Rechtsanwalt _________________________

gegen

Franz Lukowski, Hochbergweg 1, 83278 Traunstein,

– Beklagten –

wegen: Auskunft und Zahlung

vorläufiger Streitwert: 200.000 EUR

Namens und im Auftrag des Klägers erhebe ich hiermit Klage zum Landgericht Traunstein und beantrage:

I. Der Beklagte wird verurteilt, Auskunft über den Bestand und den Verbleib des in Deutschland belegenen unbeweglichen Vermögens der am 19.1.2021 verstorbenen Eva Lukowski, zuletzt wohnhaft in Los Angeles, zu erteilen.
II. Der Beklagte wird verurteilt, an den Kläger ¼ des sich anhand der nach Ziff. I. zu erteilenden Auskunft errechnenden Betrages nebst _________________________ % Zinsen seit Zustellung der Klage zu zahlen.
III. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

Begründung:

Am 19.1.2021 verstarb in Traunstein die verheiratete Künstlerin Eva Lukowski, geborene Miller. Die Erblasserin, die amerikanische Staatsangehörige war, lebte bis zu Ihrem Tode in ihrem Geburtsort Los Angeles. Sie hinterlässt wohl unbewegliches Vermögen in Deutschland. In einem privatschriftlichen Testament aus dem Jahre 1997 hatte sie ihren Ehemann, den Beklagten, zum alleinigen Erben eingesetzt.

Der Kläger ist der einzige Abkömmling der Eheleute Lukowski. Weitere Kinder der Erblasserin sind nicht vorhanden. Die Erblasserin und der Beklagte, der die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, hatten am 11.11.1980 geheiratet und ihren gemeinsamen Wohnsitz zunächst in Traunstein begründet. Sie lebten im gesetzlichen Güterstand.

Beweis: Heiratsurkunde

Der Kläger hat den Beklagten mit Schreiben vom 16.10.2021 aufgefordert, ihm über den Umfang des Nachlasses und etwaiger Vorempfänge Auskunft zu erteilen, damit er seinen Pflichtteil bzw. Pflichtteilsergänzungsanspruch geltend machen kann. Der Beklagte hat mit Schreiben vom 10.11.2021 erklärt, dass er keine Auskünfte erteilen und keine Zahlungen leisten würde.

Auf den Erbfall und damit auch für Pflichtteilsansprüche ist deutsches Recht anwendbar, soweit unbeweglicher Nachlass in Deutschland betroffen ist. Zwar verweist Art. 21 Abs. 1 EuErbVO auf US-amerikanisches Recht. Dabei handelt es sich um eine Gesamtverweisung, d.h., dass zunächst das US-amerikanische Kollisionsrecht zu beachten ist. Die USA haben aber weder ein einheitliches Internationales Privatrecht noch interlokale Kollisionsnormen. Insoweit ist gemäß Art. 36 Abs. 2 lit. a EuErbVO die Teilrechtsordnung desjenigen Bundesstaates anzuwenden, in dem die Erblasserin ihren letzten gewöhnlichen Aufenthalt hatte. Das ist hier Kalifornien.

Das IPR Kaliforniens sieht vor, dass bewegliches Vermögen nach dem Recht des Staates vererbt wird, in dem der Erblasser sein letztes "domicile" hatte, unbewegliches Vermögen vererbt sich nach der lex rei sitae. Insoweit kommt es zu einer teilweisen Rückverweisung, Art. 34 Abs. 1 lit. a EuErbVO. Für unbeweglichen Nachlass in Deutschland ist damit deutsches Erbrecht anwendbar. _________________________

(Rechtsanwalt)

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