Rz. 66

Dass eine angemessene Incentivierung des Fremdmanagements sinnvoll ist und einen Gleichlauf der Interessen von Eigentümerfamilie und Unternehmensführung unterstützen kann, dürfte auf der Hand liegen. Vor diesem Hintergrund ist die entscheidende Frage nicht, ob leistungsabhängige Vergütungskomponenten vorgesehen werden sollten, sondern welche Mechanismen im konkreten Fall die richtigen sind.

 

Rz. 67

Bonus- bzw. Tantiemeregelungen sind geeignet, um Anreize für die Erreichung eher kurz- bzw. mittelfristig orientierter Ziele zu setzen. Eine pauschale Anknüpfung an den jeweiligen Jahresgewinn wird allerdings den in Familienunternehmen typischerweise anzutreffenden Zielsetzungen der Eigentümerfamilie in den seltensten Fällen gerecht. Denn die Ertragsmaximierung wird hier in aller Regel nicht um jeden Preis angestrebt. Nachhaltige Gewinne sind wichtig, ihre Maximierung aber nicht das Wichtigste. Dementsprechend sollten individuelle Maßstäbe zur Beurteilung des Einsatzes für die spezifischen Zielsetzungen vereinbart werden. Geht es der Familie beispielsweise um eine Steigerung des Ertrages bei gleichzeitiger Aufrechterhaltung der bestehenden Personalstruktur, könnte anstelle des Gewinns eine Produktivitätskennziffer (z.B. Umsatz pro Mitarbeiter oder Auslastung der Produktionsabteilung) als Anknüpfungspunkt herangezogen werden.

 

Rz. 68

Langfristig betrachtet sind auch die Eigentümer von Familienunternehmen regelmäßig daran interessiert, den Wert des Unternehmens nicht nur zu erhalten, sondern auch zu steigern. Dieses langfristige Ziel muss natürlich auch von Seiten des Managements verfolgt werden. Erfolge in diesem Bereich verdienen eine angemessene Belohnung. Dies gilt umso mehr, als Bonus- und Tantiemeregelungen diesen Aspekt nur unzureichend berücksichtigen können. Eine Partizipation an solchen Wertsteigerungen kann z.B. durch die Beteiligung des Managements auf gesellschaftsrechtlicher Basis erreicht werden. Hiermit ist aber einerseits ein gewisser Aufwand und andererseits der Nachteil verbunden, dass Fremde zu Miteigentümern des Familienunternehmens werden. Dies ist oftmals nicht gewünscht. Außerdem bringt die gesellschaftsrechtliche Beteiligung die Schwierigkeit mit sich, dass das Management seine Beteiligung erwerben und diesen Beteiligungserwerb auch finanzieren können muss. Hilfestellungen durch das Unternehmen bzw. die Eigentümerfamilie sind zwar möglich, machen die Struktur aber umso komplexer und sind regelmäßig auch mit steuerlichen Schwierigkeiten verbunden (vgl. oben Rdn 36 ff.).

 

Rz. 69

Vor diesem Hintergrund bieten sog. virtuelle Beteiligungen eine sehr gute Möglichkeit, die Vorteile einer Gesellschafterstellung mit der rechtlichen Flexibilität rein schuldrechtlicher Vereinbarungen zu verbinden. Dies allerdings um den Preis, dass das Management hier nur in begrenztem Umfang in eine Unternehmerrolle gelangt. Denn ein Risiko, eigenes Vermögen (in Form einer entgeltlich erworbenen Beteiligung) zu verlieren, besteht bei dieser Gestaltung nicht.

 

Rz. 70

Welches Modell bzw. welche Kombination der zur Verfügung stehenden Incentivierungsmechanismen auch immer gewählt wird, entscheidend ist in erster Linie, die durch das Management zu verfolgenden Ziele der Eigentümerfamilie klar und eindeutig zu kommunizieren. Denn "für ein Schiff, das seinen Hafen nicht kennt, weht kein Wind günstig."[98]

[98] So bereits Seneca im 1. Jahrhundert n. Chr.

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