Rz. 12
Als schriftlicher Verwaltungsakt ist die Fahrtenbuchanordnung schriftlich zu begründen, § 39 Abs. 1 VwVfG. Dabei sind die wesentlichen tatsächlichen und rechtlichen Gründe mitzuteilen, die die Behörde zur Anordnung des Fahrtenbuchs bewogen haben.[30] Dabei darf die Behörde die Schwere des Verkehrsverstoßes und die dazu ausgeworfene Bewertung mit Punkten zum Ausgangspunkt wählen und mit der Dauer der Anordnung verknüpfen, muss aber zugleich weitere einschlägige Parameter insbesondere aus dem Verhalten des Betroffenen bei der Halterfeststellung in ihre Erwägungen einbeziehen.[31] Nach BVerwG[32] liegt eine sechsmonatige Verpflichtung "noch im unteren Bereich einer effektiven Kontrolle" und "stellt daher keine übermäßige Belastung dar".[33] Deshalb wird bei der Fahrtenbuchanordnung für die Dauer von sechs Monaten in der Rechtsprechung ein "intendiertes Ermessen" angenommen, welches nicht weiter und im Einzelnen begründet werden muss.[34]
Rz. 13
Anders ist es, wenn dieses Maß (6 Monate) deutlich überschritten wird. Hier bedarf es einer nachvollziehbaren Begründung.[35] Diese ist z.B. notwendig, wenn eine neunmonatige Fahrtenbuchanordnung bei einem mit einem Punkt bewerteten Verkehrsverstoß verhängt wird.[36]
Rz. 14
Allerdings sollen an die Darlegung der Ermessenserwägungen geringere Anforderungen bei einem gravierenden Verkehrsverstoß zu stellen sein, wenn der Halter kaum oder wenig an der Sachverhaltsaufklärung mitwirkt.[37]
Rz. 15
Der Begründungsmangel kann gem. § 45 Abs. 1 Nr. 2 VwVfG geheilt werden, d.h. die Begründung kann bis zum Abschluss der letzten Tatsacheninstanz eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden, § 45 Abs. 2 VwVfG. Die Verwaltung kann darüber hinaus ihre Ermessenserwägungen gem. § 114 S. 2 VwGO derart ergänzen, dass sie die Fahrtenbuchanordnung zu tragen vermögen. Diese verwaltungsfreundlichen Regelungen haben dazu geführt, dass die Verfahrensrechte, hier die Begründung, als "stumpfes Schwert" angesehen werden, weil eine spätere Korrektur möglich ist. Dass dies aber keineswegs regelhaft so ist, zeigt eine Entscheidung des NdsOVG.[38] Die strengen Anforderungen an die Begründungspflicht waren auch im Verfahren vor dem OVG nicht erfüllt.
Rz. 16
Die Verwendung von Textbausteinen steht einer notwendigen Individualisierung grundsätzlich nicht entgegen.[39] Die Behörde darf sich bei derart häufig auftretenden Vorgängen in ihrer Verwaltungspraxis an einfach handhabbaren Kriterien ausrichten ("zulässige Typisierung").[40] Ermessenslenkende Richtlinien sind zulässig.[41]
Die erforderliche Begründung kann allerdings noch bis zum Abschluss eines verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt werden (§ 45 Abs. 2, Abs. 1 Nr. 2 VwVfG).
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