Rz. 86

Der Selbstanfechtung[90] von vertraglich bindend gewordenen Verfügungen durch den Erblasser selbst kommt in der Praxis einige Bedeutung zu. Trotz des Beurkundungszwanges und der damit verbundenen Belehrung sind sich Erblasser nicht immer im Klaren über die Reichweite der von ihnen eingegangenen vertraglichen Bindung.

 

Rz. 87

§ 2281 Abs. 1 BGB gewährt dem Erblasser hinsichtlich seiner bindend getroffenen Verfügungen eine Anfechtungsmöglichkeit, deren Tatbestände grundsätzlich dieselben sind wie bei der Testamentsanfechtung, §§ 2281, 2078, 2079 BGB. Hier besteht ein entscheidender Unterschied zum Anfechtungsrecht beim Einzeltestament. Beim Einzeltestament kann der Erblasser jederzeit seine Erklärung widerrufen, deshalb hat er selbst kein Anfechtungsrecht; vielmehr kann dies nur Dritten zustehen (§ 2080 BGB). Dem entspricht es, dass der Erblasser seine einseitig im Erbvertrag (§ 2299 BGB) getroffenen Verfügungen ebenfalls nicht anfechten kann, weil ihm insoweit ebenfalls die Widerrufsmöglichkeit offensteht (§§ 2299 Abs. 2, 2253 ff. BGB).

 

Rz. 88

Da es beim Erbvertrag verschiedene Vertragstypen gibt, ist eine differenzierende Betrachtung erforderlich. So geht das Gesetz im Allgemeinen vom einseitigen Erbvertrag aus (§ 2274 BGB), es kennt jedoch auch die Sonderform des Ehegattenerbvertrags (§§ 2280, 2292 BGB) und sonstige zweiseitige Erbverträge (§ 2298 BGB).

[90] Zur Selbstanfechtung des Erblassers bei gemeinschaftlichen Testamenten vgl. ausführlich Keim, notar 2019, 147.

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